Während der Vorabend zunehmend schwächelt, hat Vox am Nachmittag eigentlich keine Quotensorgen. Nachdem "4 Hochzeiten und eine Traumreise" nun aber schon sehr lange ohne Pause zu sehen war, ersetzt Vox das Format vier Wochen lang, um die neue Beauty-Dokusoap "Makel? Los!" zu testen. Wenn es später doch mal kriseln sollte, will man sich nicht vorwerfen lassen, nichts Neues probiert zu haben. Und das, was Vox da nun testet, ist durchaus sehenswert.

Die Beschreibung der Sendung klingt zunächst einmal recht oberflächlich: Ein vierköpfiges Expertenteam hilft Menschen, die Schönheitsprobleme haben. Das hätte schnell reißerisch und voyeuristisch werden können, ist es dann aber dankenswerterweise nicht. Vox und die zuständige Produktionsfirma Norddeich TV ("Ninja Warrior Germany") haben Kandidaten gefunden, die sympathisch wirken und denen man auf den ersten Blick meist nicht sofort ansieht, wo ihr Problem liegt. In der Auftaktfolge geht es etwa um Stella, die sich durch einen Pfusch beim Friseur einige Haare verbrannt hat. Der 33-jährigen Jessica wächst ein Damenbart und eine andere Teilnehmerin schämt sich für ein Delfin-Tattoo, das inzwischen wie ein Penis aussieht.

Die Makel der Protagonisten sind mal mehr, mal weniger schwerwiegend. Stella arbeitet als Model und ist so in gewisser Weise auf ihre Haarpracht angewiesen. Das Delfin-Tattoo dagegen ist nur mit ganz viel Fantasie als Penis zu erkennen. In jedem Fall eint die Fälle eins: Die Menschen sind unglücklich - und das reicht ja schon, um etwas zu verändern. Die Zuschauer lernen in "Makel? Los!" nebenbei auch noch eine ganze Menge. Oder wussten Sie, dass es kurz mal ein Trend war, sich die Haare in "Nanny Grey" zu färben?

Die vier rotierenden Experten bekommen in der Auftaktepisode alle etwas zu tun, die Geschichten sind so alle recht kurz gehalten. Snackable Content, könnte man sagen. Nachdem die Protagonisten den Experten ihr Problem geschildert haben, geht es auch schon an die Behebung eben dieses. Dabei wird es dann manchmal auch recht skurril: Als der Dermatologe Jessica die Gesichtsbehaarung per Laserbehandlung entfernt, sagt er, es rieche wie "an Weihnachten, wenn der Tannenbaum brennt". Als sie sich sechs Wochen später nach der letzten Behandlung wiedersehen, streichelt er ihr sanft über die Wange und bilanziert im Säusel-Ton: "Glatt wie ein Pfirsich".

Die Produktion grundsätzlich ist hochwertig - auch hier bemühen sich Vox und Norddeich, sich möglichst von anderen Formaten am Nachmittag abzuheben. In den Gesprächen zwischen Teilnehmern und Experten sowie in den Interviews mit den Protagonisten setzt man stark auf Tiefenunschärfe in den Aufnahmen. Dieser filmische Look lässt "Makel? Los!" beinahe makellos wirken. Noch stärker punktet das Format aber in Sachen Authentizität: In den Gesprächen zwischen Experten und Teilnehmern wirkt alles echt, nichts gekünstelt. Da braucht es dann auch keinen Moderator, der vermittelt oder die einzelnen Personen ankündigt. 

Nur eins wirkte zum Auftakt unstimmig: Die Tatsache, dass keine Männer mit Schönheitsmakel zu sehen waren, erweckt den Eindruck, dass nur Frauen Probleme mit ihrem Körper haben. In den nächsten Tagen wird sich das immerhin teilweise ändern: Angekündigt sind für die kommenden Folgen auch Männer, wenngleich die Frauen pro Folge insgesamt wohl meist in der Überzahl bleiben werden.