So langsam bricht der Sommer in Deutschland an und im äußersten Fall wird das bedeuten: Temperaturen über 30 Grad Celsius, schnellschmelzende Eiskugeln und Schweiß ohne Ende. In Australien kann über das deutsche Gejammer nur gelacht werden, welches ausbricht, wenn es ein paar Grad über den Wohlfühlfaktor geht. Dort ist es an gewissen Orten Normalität, wenn die Sonne auf 40 Grad aufdreht und sogar den Asphalt zum Schmelzen bringt. Australien ist ein Kontinent der Hitze und Weite, und es verblüfft, dass noch so wenige Serien aus diesem Land zu uns übergeschwappt sind. "Mystery Road" beweist nämlich einmal mehr, dass Australien nicht nur eine wunderbare Kulisse bietet, sondern auch äußerst talentierte Filmemacher in petto hat.

Dabei ist das Grundsetting ein altbekanntes: Detective Jay Swan (Aaron Pedersen) wird damit beauftragt, das mysteriöse Verschwinden von zwei jungen Farmarbeitern auf einer Outback-Rinderstation zu untersuchen. Der eine ist ein einheimischer Fußballheld, während der andere als Backpacker durch das Land reist. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizistin Emma James (Judy Davis) deckt die Untersuchung einige interessante Aspekte auf, so unter anderem eine vergangene Ungerechtigkeit, die das Gefüge der gesamten Gemeinde zu bedrohen scheint.

Doch "Mystery Road" beweist, dass selbst zum Augenrollen einladende Krimi-Konzepte weiterhin eine Daseinsberechtigung haben, wenn denn an den richtigen Stellen geschraubt wird. In diesem Fall wurde ein feines Händchen für die Darsteller bewiesen, die ähnlich wie bei "4 Blocks" direkt aus dem Millieu gecastet wurden. Mit Millieu wird in diesem Fall freilich das australische Outback gemeint, in dem bekanntermaßen die Nachfahren der Aborigines leben. Was sich bereits bei der TNT-Serie-Produktion als großer Authentizitätsgewinn herausgestellt hat, erzielt bei "Mystery Road" den gleichen Effekt. Allen voran Aaron Pedersen als rauer und doch liebherziger Detective bietet eine lebensnahe Performance, die zu den Top-3-Gründen gehört, warum Krimi-Freunde "Mystery Road" nicht links liegen lassen sollten.

Interessanterweise spielte Pedersen 2013 die exakt gleiche Rolle in "Mystery Road", dem Film. Im Gegensatz zur nun durch den australischen TV-Sender ABC entstandenen Serie ist die Kinoproduktion jedoch gefloppt und konnte die breite Masse nicht überzeugen. Dies lag vermutlich daran, dass die erzählte Geschichte kaum Luft zum Atmen und zur Entfaltung hatte, weshalb am Ende allenfalls schöne Bilder blieben. Nun aber konnte der schicken Cinematography eine intensiv erzählte Verfolgungsjagd beigestellt werden, die durch ihren starken Cast noch einmal mehr die Nackenhaare aufstellt.

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Im Film arbeitete die Figur Jay Swan vordergründig alleine und war ein Westernshooter, wie er beinahe zu sehr im Bilderbuch stand. Nun wird ihm mit Emma James eine starke Frauenfigur an die Seite gestellt, die die männerlastigen Ansichten auf einen gesunden Boden zurückholt. Paradoxerweise fügt sich Judy Davis ebenso geschmeidig in "Mystery Road" ein, wie der gesamte Cast mit Aborigine-Hintergrund. Das verwundert, da sie deutlich mehr Arbeit in die Waagschale schmeißen muss, um sich den Respekt der anderen Figuren zu verdienen. Die sonst aus Woody-Allen-Filmen bekannte Schauspielerin ("Ehemänner und Ehefrauen") trumpft aber so gekonnt auf, dass es nicht lange dauert, um den Kontrast genießen zu können, den sie in die Serie bringt.

Ein weiterer großer Pluspunkt geht mit der Inszenierung einher. Passend zur australischen Einsamkeit, die das weitläufige Outback mit sich bringt, wird "Mystery Road" nur mit wenigen Musikstücken versehen, die stets eine leichte Melancholie auslösen. Es ist nunmal ein riesiger Kontinent, der knapp 21 mal größer als Deutschland ist, dabei aber gerade mal ein Drittel der Bewohner zählt. Da ist es spannend zu sehen, wie das Gefühl unendlichen Platzes in einer Serie genutzt wird. "Mystery Road" erfüllt diesen Job mit Bravour und zeigt on top viele weitere australische Details, die andere Crime-Formate schlicht nicht bieten können.

Die erste Staffel von "Mystery Road" ist jeden Donnerstag um 20:15 Uhr auf Arte zu sehen.