"Es ist einfach an der Zeit, dass die Sehgewohnheiten geändert werden", lautet der erste Satz der neuen Sat.1-Sendung "No Body is perfect". Es ist ein Satz, den man in Unterföhring sicher unterschreiben würde, schließlich müssen sich aus Sicht des Senders in erster Linie die Sehgewohnheiten der Zuschauer ändern. Die hat Sat.1 zuletzt am Montagabend nämlich nur noch in begrenzter Zahl erreicht. Im Kontext des Neustarts sind allerdings ganz andere Sehgewohnheiten gemeint - nämlich jene mit Blick auf den eigenen Körper.

Und genau um den geht es in dem Format, das den aufmerksamkeitsstarken Untertitel "Das Nacktexperiment" trägt. Wer jetzt direkt an "Adam sucht Eva" oder "Naked Attraction" denkt, liegt falsch: Zwar gibt es auch bei "No Body is perfect" nackte Haut zu sehen - und zwar nicht zu knapp; der Kontext ist dennoch ein gänzlich anderer. Pro Folge stehen drei Menschen im Mittelpunkt, die mit ihrem Körper unzufrieden sind. So wie der 29-jährige Patrick, der nach mehreren Krebserkrankungen und einer Knochenmarktransplantation zwar gesund ist, aber unter den vielen Narben auf seiner Haut leidet. Oder Tatjana, die über sich selbst sagt: "Jedes Mal, wenn ich meinen Körper im Spiegel sehe, wird mir schlecht."

Den vermeintlich unperfekten Körper wieder schön zu finden, ist die Aufgabe von vier Coaches, darunter Sex-Expertin Paula Lambert. Das Besondere: Sie treten durchweg nackt vor den Kandidaten auf – einzig ein buntes Bodypainting sorgt für ein wenig Intimsphäre. Ihr Ziel: Am Ende des Experiments sollen sich auch die Kandidaten komplett entblößen und sich zusammen mit ihnen hüllenlos in die Fluten von Mykonos stürzen. Gewissermaßen glücklich werden durch Nacktheit, wie es eine wissenschaftlich Studie nahelegt, auf der die Show fußt. Verständlich, dass das angesichts des angekratzten oder sogar überhaupt nicht vorhandenen Selbstbewusstseins der Protagonisten nicht von heute auf morgen geht.

"Naked Beach", so heißt das Format im Original, hat seinen Ursprung beim britischen Sender Channel 4, der für seine ungewöhnlichen TV-Experimente bekannt ist. Für Sat.1 hat nun Tresor TV die Show adaptiert und trotz des sensiblen Themas viel Fingerspitzengefühl bewiesen. Wer "No Body is perfect" sieht, hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass es darum geht, die Kandidaten bloßzustellen. Im Gegenteil: Ihren Zweifeln, ihrem Hadern und den damit verbundenen Tränen wird viel Platz eingeräumt – aber auch dem positiven Ansatz, mit dem die Coaches gegen all die Unzufriedenheit anzukämpfen versuchen.

No Body is perfect - Das Nacktexperiment

Coach Daniel Schneider

Gerade weil Paula Lambert, Curvy-Model Silvana Denker oder Plus-Size-Model Daniel Schneider äußerlich nicht gerade dem Körperbild entsprechen, das in Formaten wie "Germany's next Topmodel" oder dem "Bachelor" als vermeintliche Perfektion vermittelt wird, wirkt "No Body is perfect" im besten Sinne authentisch. Gelungen sind insbesondere jene Momente, in denen sich die Protagonisten minutenlang im Spiegel betrachten müssen – eine Aufgabe, die Tatjana am ersten Abend schon nach kurzer Zeit vorzeitig abbricht. Hier zeigt sich jedoch ganz besonders, wie sich das Bild auf den eigenen Körper verändert.

"Schöne blaue Augen, die habe ich noch nie gesehen", sagt etwa Patrick zu sich – ganz so, als sehe er sich gerade zum ersten Mal. Es sind intime Momente, die Sat.1 hier zur besten Sendezeit zeigt, ohne jedoch die Grenze zum Voyeurismus zu überspringen. Nur die ständige Klavier-Untermalung, die dem Zuschauer wohl signalisieren soll, dass es jetzt ganz gefühlig wird, geht auf Dauer ans Nervenkostüm. Sieht man davon ab, dann ist dem Sender mit dem "Nacktexperiment" eine gute Adaption gelungen, die zugleich eine wichtige Botschaft in die Welt schickt: Niemand ist perfekt – und das ist auch gut so.

"No Body is perfect - Das Nacktexperiment" läuft montags um 20:15 Uhr in Sat.1.