Ob sich viele bayerische Comedy-Fans unter den Abonnenten von Prime Video tummeln? Genaue Zahlen wird man natürlich nicht erfahren. Doch spätestens an der Entscheidung, ob die neue Original-Serie "Der Beischläfer" in eine zweite Staffel geschickt wird oder nicht, wird sich ein gewisser Grad der O'zapft-is-Community messen lassen. Der bayerische Grantler und Wahl-Münchner Markus Stoll, besser bekannt als Comedian Harry G, wird in der sechsteiligen ersten Staffel gegen seinen Willen als Laienrichter einberufen und muss fortan als Stimme des Volkes agieren. O mei, der Schöff vom Dienst.

Harry G und sein Einsatz als Beischläfer ist freilich nicht der erste Versuch, bayerische Comedy hip werden zu lassen. Ob "Monaco Franze", "Kir Royal" oder "Der Bulle von Tölz" – Beispiele für genutztes Potenzial gibt es einige. Der Unterschied liegt nun jedoch darin, dass "Der Beischläfer" auf einer internationalen Plattform startet und nicht im Vorabendprogramm eines öffentlich-rechtlichen Senders. Wie gut funktioniert also die nächste deutsche Amazon-Serie, nachdem "You Are Wanted", "Pastewka" und "Beat" bereits endeten und auf "Deutschland 89" noch gewartet werden muss?

Der von Harry G verkörperte Charlie Menzinger funktioniert als Figur wunderbar. Dafür haben die Autoren auch den richtigen Knopf gedrückt: Mitleid. Menzinger ist eine gebrochene Figur, die nach dem Tod der Ehefrau nicht mehr weiterleben möchte. Alles ist plötzlich egal, ob nun die Arbeit in der Werkstatt des Schwiegervaters oder der überlaufende Briefkasten, in dem unter anderem die Post vom Gericht schlummert. Ähnlich wie in "Gran Torino" oder "Ein Mann namens Ove" fällt es dem Zuschauer leicht, den Schmerz des Protagonisten zu spüren und ihm Besseres zu wünschen. Murmel Clausen ("Die Bullyparade") und Mike Viebrock ("Servus Schwiegersohn") drücken aber nicht nur gekonnt auf die Tränendrüse, sondern präsentieren obendrein Münchner Brezlhumor, den auch ein Kölner verstehen kann.

Was nicht bedeutet, dass er ihn dann auch zwangsläufig witzig findet. Markus Stoll macht Comedy für die Nische, was sich auch bei "Der Beischläfer" nicht ändert. Zwar erzählen die Geschichten von universellen Problemen und Lösungen. Getan wird dies aber nunmal in einer Sprache, in der nicht jeder Witz für den Bewohner eines anderen Bundeslands auch wirklich witzig ist. Allein rührselige Storys gibt es in der Film- und Serienwelt genug - und im Übrigen auch bessere, weshalb Amazons Entscheidung, den "Beischläfer" ins Portfolio aufzunehmen, eine durchaus mutige war.

Keine Sorge, es wird auch Hochdeutsch gesprochen. Etwa von Richterin Dr. Julia Kellermann (Lisa Bitter), die in diesem Setting den idealen Kontrast zu Stoll bildet. In ihrer Rolle als etwas verkrampfte, aber durchaus toughe Justiziarin bietet sie zwar eine klassische, deutsche Rolle, die hier aber perfekt reinpasst und umgesetzt wurde.

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Man merkt der Inszenierung von Regisseurin Anna-Katharina Maier ("Trauung mit Hindernissen") an, dass sie keine Lust hatte, komplett dem bayerischen Klamaukhumor zu verfallen. Sie bemüht sich um eine ausgeglichene Balance, damit sowohl Ur-Münchner als auch Wahlheimatler Gefallen an der Serie finden können. So läuft die Serie jedoch Gefahr, dass sich die jeweils andere Seite denkt: "Schade, es hätte gerne mehr in diese Richtung gehen können." Oder eben: "Schade, 's häd gern mehr in die Richtung gengan könna."

Die Ko-Produktion von The Amazing Film Company und der Ring of Fire GmbH schafft es in jedem Fall, München nicht nur als schönen, sondern auch als sympathischen Ort in Szene zu setzen - und schafft damit einen gelungenen Kontrast zur Schickeria-Atmosphäre, wie man sie schon oft in bayerischen Serien vorgesetzt bekam. Harry G wird deshalb nicht zwingend die Generation ansprechen, die Ali G lieben gelernt hat, aber möglicherweise all die, die nach "Hubert und Staller" neue, bayerische Gemütlichkeit brauchen.

Die erste Staffel von "Der Beischläfer" steht ab sofort bei Amazon zum Streaming zur Verfügung.