Die "schrägste Gesangsshow Deutschlands" hatte Sat.1 im Vorfeld angekündigt - und auch während der Premiere von "Pretty in Plüsch" musste diese Bezeichnung ziemlich oft herhalten. Nur DJ Bobo hatte man davon offenbar nichts erzählt. Der Gast-Juror, der zum Auftakt neben Sarah Lombardi und Hans Sigl die prominenten Teilnehmer bewertete, erklärte nach dem Auftritt von Janine Kunze und "Werner Edel", einem immer schlecht gelaunten Krümelmonster, dass man hier ja eben nicht in einer Gesangsshow sei und dass Kunze sich nicht so viele Gedanken ums Singen machen solle. 

Eine Show, bei der nicht einmal das Personal weiß, worum es eigentlich geht - das muss man auch erst einmal schaffen. Aber DJ Bobo war am Freitagabend nicht alleine. Blickt man auf die Kommentare, die es in den sozialen Netzwerken zur Show gegeben hat, fällt auf, dass ziemlich viele Zuschauer nicht wussten, was das denn nun eigentlich soll mit den Puppen in Sat.1. Und tatsächlich tat sich der Sender schwer damit, eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage zu liefern. 

Da stehen nun also sechs Prominente auf der Bühne, die bislang nicht durch ihres Gesangskünste aufgefallen sind. Singen müssen sie trotzdem - allerdings mit einer Puppe an ihrer Seite. Die Stimme kommt dabei von einer oder einem professionellen SängerIn. Allerdings nur während der Auftritte - wenn die Puppen ganz normal reden, machen das nicht näher genannte Protagonisten hinter der Bühne. Für alle Teilnehmer geht es um den "Duett Award", der in wenigen Wochen dem Sieger der Show winkt. 

Raten nicht erwünscht. Wieso eigentlich? 

Bekannte Persönlichkeiten, die sich hinter Masken bzw. Puppen verstecken, das kommt dem geneigten TV-Zuschauer doch irgendwie bekannt vor. Klar: "Pretty in Plüsch" wäre ohne "The Masked Singer" wohl niemals realisiert worden. Tatsächlich aber gibt es eklatante Unterschiede zwischen den beiden Shows der ProSiebenSat.1-Gruppe. So betont Sat.1 während der Sendung auf Twitter extra noch, dass es sich bei dem Format nicht um eine "Quiz-Show" handele. Das heißt: Das Raten, welcher Profi sich hinter den Puppen verbirgt, ist gar kein Thema. Das ist schon fast fahrlässig von den Machern, nachdem ja genau das der große Pluspunkt von "The Masked Singer" ist. 

Und so gibt es dann auch über den ganzen Abend hinweg gar keine Fallhöhe, die sich aufbaut. Die Promi-Puppenpaare treten nacheinander auf und die Jury muss dann, egal wie schlecht der Promi gesungen hat, sagen, wie toll alles war und wie überrascht man ist. Das ist alles so vorhersehbar und auf Wohlfühl-Kuschelei getrimmt, dass man sich als Zuschauer schnell veralbert vorkommt. Vor allem Sarah Lombardi hat es perfektioniert, auf viele verschiedene Arten doch immer das gleiche zu sagen und alles "sehr gut" zu finden. Achso, Lombardi hat sich natürlich auch in alle Puppen verliebt - ist ja klar. Selbst Hans Sigl, die wohl überraschendste Sat.1-Verpflichtung in jüngster Vergangenheit, lässt sich von dieser windelweichen Lobhudelei einlullen und schwimmt mit in diesem vorhersehbaren Jury-Einheitsbrei. 

Michelle Hunzikers Blackout

Und was macht Moderatorin Michelle Hunziker? Nachdem sie zum Start in die Show ein lupenreines Playback auf "Fernsehgarten"-Niveau hingelegt hat, führt sie über weite Strecken routiniert und mit Witz durch die Sendung - doch dann hat die Moderatorin ganz offensichtlich einen Blackout. Als gegen Ende der Show feststeht, dass Ingolf Lück und Janine Kunze mit ihren Puppen noch einmal gegeneinander antreten müssen, weil sie zu wenige Anrufe von den Zuschauern bekommen haben, verkündet die Moderatorin nach einer auffallend langen Pause, dass beide das Ticket für nächste Woche gelöst hätten. Das verstehen auch die Promis auf der Bühne nicht so recht und gucken verdutzt, bis Kunze sagt, dass man jetzt doch nochmal ins Duell müsse. Da fällt offenbar auch Hunziker ihr Fauxpas auf, den sie kurzerhand als Scherz abtut. 

Pretty in Plüsch © Sat.1/Willi Weber Mit dem Playback-Auftritt zu Beginn der Show hätte Michelle Hunziker auch im ZDF-Fernsehgarten auftreten können.

Es ist eigentlich ein schöner Moment gewesen, den es ohne die Tatsache einer Live-Ausstrahlung wohl nicht gegeben hätte. Und so peinlich der Aussetzer für Hunziker auch gewesen sein mag - sie hat ihn danach routiniert überspielt und weitergemacht, als wäre nichts gewesen. Hunziker, die am Freitag selbst "Pretty in Plüsch" war und für ihr Outfit offenbar Tiffy aus der "Sesamstraße" das Fell über die Ohren gezogen hat, ist eben ein Profi. Mit Fehlern umgehen kann sie jedenfalls.

Die Puppensprecher sind die heimlichen Stars 

Es war auch längst nicht alles schlecht in der neuen Sat.1-Show. Das Studio etwa sieht fantastisch aus und versprüht mit seinen Logen Theater-Flair. Und auch die Puppen sind, wenn sie reden dürfen, immer wieder witzig. Sat.1 und Endemol Shine haben kleine Geschichten um die Puppen gebaut, um ihnen einen eigenen Charakter zu geben. Da wäre etwa der an George Clooney angelehnte "Harry Love", der sein Hemd immer etwas zu offen trägt. Oder "Francesca de Rossi", die mit ihrer Art an echte Diven wie Mariah Carey erinnert. Und mit "Werner Edel" gibt es eben auch ein schlecht gelauntes Krümelmonster, das immer Hunger hat. Die Sprecher der Puppen reagieren oft sehr schnell und spontan auf das Geschehen und sind die eigentlichen Stars der Sendung. Sie sorgen für Lacher in der Show und füllen die Puppen mit Leben. Hier ist "Pretty in Plüsch" mehr Comedy- als Gesangsshow. In den Einspielern wirkt das Zusammenspiel zwischen Puppen und Promis dann aber schnell sehr gekünstelt und aufgesetzt. 

Vielleicht wäre es eine bessere Idee gewesen, "Pretty in Plüsch" als einmaliges Musik-Showevent aufzuziehen, als das Format jetzt über die nächsten Wochen zu strecken. Denn so richtig klar ist nicht, was da jetzt noch kommen soll in den nächsten Ausgaben. Klar, am Ende stehen da auch die Profi-Sänger auf der Bühne, die den Puppen ihre Gesangsstimme geliehen haben, aber das soll ja eigentlich gar nicht der Mittelpunkt sein. Und weil es bekannte Sängerinnen und Sänger mit oftmals markanten Stimmen sind, dürften sich die Überraschungen in den nächsten Wochen auch in Grenzen halten. Oder gibt es ernsthafte Zweifel daran, dass neben Melanie C., die zum Start gemeinsam mit Ingolf Lück die Show verlassen musste, auch noch Milow und Jeanette Biedermann mit dabei sind? 

Man wolle den Zuschauern das Leben "ein bisschen leichter machen" und das Publikum zum Lächeln bringen, sagt Michelle Hunziker. Das ist zwar ehrenwert, doch mit einem roten Faden wäre das vielleicht noch besser gelungen. So bleiben bei den Zuschauern jedenfalls einige Fragezeichen. Für den Höhepunkt (bzw. Tiefpunkt, je nach dem) in der Show sorgte übrigens ausgerechnet ein Ausschnitt, der schon bei den Proben aufgezeichnet wurde. Da war Janine Kunze zu sehen, wie sie bei ihrem Auftritt auf der Bühne plötzlich in ein Loch gefallen ist. Der Schauspielerin ist glücklicherweise nichts schlimmes passiert und sie konnte auch schon wieder darüber lachen. Aber dass nun ausgerechnet dieser Fehltritt zum Highlight bei "Pretty in Plüsch" wurde, ist auch so ein Missverständnis, das sie bei Sat.1 in den nächsten Wochen unbedingt in den Griff bekommen sollten.

 

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