Wenn RTL Stars oder solche, die der Sender dafür hält, in den Dschungel schickt, dann hört oder sieht man schon mal genauer hin. Das hängt, einer Vielzahl neuer Konkurrenz-Format zum Trotz, auch damit zusammen, dass dem Dschungelcamp seit seinem Start vor nunmehr 20 Jahren ein ganz besonderer Zauber inne wohnt. Es ist ein Versprechen, gut unterhalten zu werden; ein Qualitätssiegel, wenn man so will.

Wer "Dschungel" hört, denkt nach all den Jahren sofort an "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!". Gut möglich, dass man in Köln auf exakt diese Assoziation hofft, wenn der hauseigene Streamingdienst RTL+ nun eine neue Show mit dem Titel "Reality Queens – Auf High Heels durch den Dschungel" startet, deren Anmutung mit grünen Blättern, Holz und krabbelnden Tierchen gewiss ebenso wenig zufällig der des Original-Dschungelcamps gleicht. Das kann man machen. Nur sollte man sich dann auch nicht darüber wundern, wenn das Publikum enttäuscht sein wird.

Filip Pavlović © RTL "Dschungelkönig" Filip Pavlovic moderiert jetzt sein eigenes "Dschungelcamp".
Denn auch wenn sich das Produktionsteam von Warner Bros. redlich Mühe gibt, dem großen Vorbild nachzueifern, so entlarvt sich der Reality-Neustart relativ schnell als plumpes Nachahmerprodukt (das es im Übrigen vor fast elf Jahren schon einmal in ähnlicher Form bei ProSieben gegeben hat, wo man die "Reality Queens" jedoch noch "auf Safari" schickte). Dass Dschungel eben nicht gleich Dschungel ist, lässt sich etwa an der Wahl des Moderators erkennen: Während Filip Pavlović das Original vor zwei Jahren gewann, ist er es nun, der im Verschnitt die vorgefertigten Ansager-Sätze mehr schlecht als recht von sich geben muss. Eine zweite Ebene, wie sie "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" seit Jahrzehnten auszeichnet, muss man sich hier schon selbst dazudichten.

Zumindest an erfolgsversprechendem Personal mangelt es der neuen Show nicht. Da wären etwa die "IBES"-erfahrenen Camperinnen Danni Büchner, Jasmin Herren und Patricia Blanco zu nennen, die ebenso mit dabei sind wie die langbeinige Theresia Fischer und die Datingshow-erprobte Emmy Russ, die gleich zu Beginn von sich behauptet, Menschen zu hassen. "Ich kann verstehen, dass sie mich nicht mögen. Ich mag sie auch nicht", sagt sie und führt obendrein noch aus, dass sie sich eigens für das Abenteuer eine "Muschi-Lotion" eingepackt hat, "damit ich keine Pilze bekomme".

Damit ist sogleich der Ton für die folgenden Tage gesetzt, an denen sie und ihre elf Mitstreiterinnen im Dschungel des südamerikanischen Staates Suriname ihre Teamkasse auffüllen müssen. Etwa, indem sie "Kröten" aus einer Box mit echten Kröten fischen (Ekel-Schreie inklusive, natürlich). Bis die Show Fahrt aufnimmt, braucht das Publikum allerdings Geduld – und bekommt bis dahin noch nicht mal sonderlich viele der titelgebenden High Heels zu sehen, weil sich diese im Regenwald dann doch als unpraktisch erwiesen haben.

Reality Queens - Auf High Heels durch den Dschungel © RTL Die "Reality Queens" müssen auf "Krötensuche" gehen.

Stattdessen wird in der Auftakt-Folge viel Vorhersehbares geliefert: Weil die "Reality Queens" nur das Nötigste aus ihren großen Koffern in kleine Rucksäcke verstauen dürfen, gibt’s direkt den ersten Ärger. Und der nächste folgt, als ein Münzwurf nach einem gescheitertem Duell im Feuer-Anzünden darüber entscheidet, welches Team in einem Luxus-Camp nächtigen darf und welches ins Loser-Camp muss. Zu gerne würde man an dieser Stelle zumindest süffisante Sprüche hören, die das trostlose Geschehen unterhaltsam einordnen. Doch auch Patrick Linke kann als Off-Sprecher nur noch wenig retten – und sorgt im Gegenteil eher dafür, dass sich die Sendung wie eine Satire-Rubrik aus der "heute-show" anfühlt.

Immerhin: Die "Reality Queens" führen dem Publikum in der ersten Stunde eindrucksvoll vor Augen, was es am echten Dschungelcamp hat. Bleibt zu hoffen, dass zumindest dessen noch ausstehender Sommer-Ableger an den Unterhaltungswert des Originals anknüpfen kann.

"Reality Queens - Auf High Heels durch den Dschungel", ab sofort bei RTL+