Wie war denn die Zusammenarbeit mit TNT Serie? Der Pay-TV-Sender ist ja auch noch recht neu in der Serienproduktion.

Gerda Müller: Die Zusammenarbeit mit TNT Serie und besonders Anke Greifeneder war sehr davon geprägt, dass wir auf Augenhöhe gearbeitet haben. Sie war sehr kreativ und bei Problemen, die es bei jeder Produktion mal gibt, konnte man sich immer klar austauschen. Das war eine sehr lebendige, tolle Zusammenarbeit. Und das nicht nur für mich: Das war auch für die Autoren ein Garten Eden.

Jan Kromschröder: Wir hatten schon gleich beim ersten Treffen das Gefühl, dass vom Sender eingefordert wird, auf Augenhöhe miteinander an dem Projekt zu arbeiten. Das klingt so selbstverständlich, aber war für uns schon eine neue Art des Arbeitens, wenn der Auftraggeber darum bittet, ihm ebenso offen mitzuteilen, wenn wir mal anderer Meinung sind. Da möchten wir Turner ein großes Kompliment machen: Wir waren am Anfang sehr erstaunt und erfreut. In dieser neuen Welt mussten wir uns erst zurecht finden.

Gerda Müller: (lacht) Es war einfach wunderbar. Anke Greifeneder hat die Zusammenarbeit an „Weinberg“ als Teamaufgabe betrachtet. Das zog sich von Fragen der Drehbücher bis hin zu Fragen der Besetzung. Das war eine Zusammenarbeit frei von Befindlichkeiten. Mit Turner zu arbeiten, war eine sehr erfrischende Erfahrung für uns. Sie haben ja auch das Booklet zur Serie bekommen. Ich habe noch nie von einem Sender so viel Liebe zum Detail für eine solche Produktion erlebt. Man merkt einfach, dass das Projekt als erste Drama-Serie für den Sender einen besonderen Stellenwert hat.

Das verbindet wohl „Weinberg“ bei TNT Serie und ihr zweites Serienprojekt in diesem Herbst, „Club der roten Bänder“ für Vox.

Jan Kromschröder: In der Tat. Auch das war eine sehr direkte Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit Bernd Reichart. Er war auch am Set, hat Abnahmen von Kostümen, Motiven und Rohschnitten gemacht und war bei Buchbesprechungen dabei. Dieses außergewöhnliche Engagement eines Senderchefs höchstpersönlich bei so einer Serie macht es dann auch überhaupt erst möglich schon im November auf Sendung zu gehen, wenn man im April erst das „Ok“ bekommen hat.

Das ist ein sehr bemerkenswertes Tempo

Jan Kromschröder: Ja, das kriegen sie aber hin, Herr Lückerath, wenn man nicht in Strategiegefechte, Befindlichkeiten oder Zuständigkeiten flüchtet, sondern der Senderchef in dem Fall der Redakteur war, der besonders beim Buch eine persönliche Leidenschaft für die Umsetzung hat, weil wir uns hier ja am spanischen Original und nicht der US-Adaption orientiert haben.

Trotzdem haben mit Arne Nolting und Jan Martin Scharf ja die beiden Autoren, die auch an „Weinberg“ arbeiteten, mitgewirkt. Welche Aufgabe kam ihnen zu bei dieser Lokalisierung?

Jan Kromschröder: Die Serie kommt im Original eben aus dem mediterranen Spanien, wo manche Männer- und Frauenrolle noch etwas anders ausgelegt ist als bei uns. Das Original ist darüber hinaus eben inzwischen auch fünf Jahre alt, also gibt es da genügend Details bei denen man sicherstellen muss, dass die Serie sich auch anfühlt wie Deutschland im Jahr 2015. Aus der ersten Staffel mit 13 Folgen beim spanischen Original sind bei uns zehn Folgen geworden. Wir haben also auch beim Tempo ein wenig angezogen. Was wir hingegen nicht gemacht haben, ist diese fatale Verlagerung des Fokus der Serie von den Patienten auf die Krankenschwester bzw. Ärzte, wie es die Amerikaner in ihrer Umsetzung versucht haben. „Club der roten Bänder“ ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle - mal unglaublich komisch, mal sehr ernst und traurig. Es gibt wenige Stoffe, die so eine Bandbreite darstellen.

Wann können Sie bei einer Produktion eigentlich das erste Mal zufrieden durchatmen? Wann stellt sich das Gefühl ein, gute Arbeit gemacht zu haben?

Gerda Müller: Für mich ist es dann tatsächlich morgens früh der Moment, wenn man wie das Kaninchen vor der Schlange sitzt und im Teletext die Quoten nachschaut. Dann habe ich die Rückversicherung, dass das, was wir uns vorgestellt und umgesetzt haben, auch eine Zuschauerschaft gefunden hat. Schließlich macht man all das ja letztlich fürs Publikum.

Jan Kromschröder: Wir wollen beide nicht nur Kritiker erreichen, sondern auch das Publikum. Natürlich hat man vorher schon ein Gefühl dafür, etwas Gutes produziert zu haben, aber der emotionale Endpunkt bei dem Abenteuer Fernsehproduktion ist der Morgen danach und dieser Blick auf die Zahlen.

Gerda Müller: Und der Moment ist ganz schlimm. Nehmen Sie zum Beispiel „Club der roten Bänder“. Ein ungewöhnliches Genre, auf einem nicht etablierten Sendeplatz auf einem Sender, der zum ersten Mal eine eigene Serie ausprobiert. Da hat man gar keinen Anhaltspunkt und kann mit dem Wissen, dem Zuschauer ein starkes Angebot gemacht zu haben, nur hoffen, dass es funktioniert. Schließlich würden wir mit „Club der roten Bänder“ ja auch gerne in eine zweite Staffel gehen.

Jetzt startet ja erstmal „Weinberg“. Da spielt die Quote ja immerhin eine untergeordnete Rolle…

Jan Kromschröder: Egal ist die dort auch nicht.

Gerda Müller: Wenn es anfinge, mir egal zu sein, ob meine Serien auch ein Publikum finden, sollte ich besser aufhören. Die Nervosität ist heute noch die gleiche wie vor vielen Jahren und da ist es egal für wen man produziert und wie sicher man sich ist, gute Arbeit geleistet zu haben.

Weinberg“ wiederum ist in sich abgeschlossen nach den sechs Folgen?

Gerda Müller: Richtig, das war von vornherein als sechsteilige Miniserie geplant.

Jan Kromschröder: Was aber nicht heißt, dass wir nicht mit TNT Serie dank der guten Erfahrungen gerne bei anderen Projekten wieder zusammenarbeiten würden.

Wie sieht der Blick ins zweite Jahr von Bantry Bay aus?

Jan Kromschröder: Zunächst einmal sind wir demütig angesichts des ersten Jahres. Und egal wie lange man in der Branche tätig ist, man denkt sich immer: Die nächste Leitplanke werden wir reißen. Irgendwann muss es mal schief gehen. (lacht)

Gerda Müller: Abgesehen von unseren Entwicklungsprojekten, von denen wir jetzt nicht viel erzählen können, werden wir ja Ende des Jahres klüger sein. Dann ist die erste Staffel von „Club der roten Bänder“ gelaufen, die dritte Staffel der „Herzensbrecher“ und wir wissen, ob TNT Serie mit „Weinberg“ zufrieden war.

Jan Kromschröder: Wir sind in einer guten Phase für Fernsehserien, aber ich würde sagen: Zu sorglos darf man nicht sein. Die Nachfrage ist groß, aber der Anspruch des Zuschauers ist auch sehr groß, weil er sehr viele Vergleichsmöglichkeiten und Auswahl hat.

Frau Müller, Herr Kromschröder, herzlichen Dank für das Gespräch.