Wenn Max Conze auf der internationalen Fernsehmesse MIPCOM in Cannes eine Keynote hält, dann ist klar, dass er erst einmal erläutern muss, wieso er sich mit seinem Konzern eigentlich ein Stück weit aus dem internationalen Geschäft zurückziehen will. Die Rede ist vom geplanten Verkauf des internationalen Produktionsgeschäfts von Red Arrow Studios. "I love Red Arrow Studios", betonte Conze zwar - es gebe aber nur wenige Synergien zwischen den internationalen Produktionen und dem deutschen Entertainment-Kerngeschäft. Und dort gibt's aktuell ja genug zu tun.

So könnte man in einer Zeit, in der man viel Geld in den Ausbau der Streaming-Aktivitäten sowie des Commerce-Geschäfts der Nucom Group stecken will und muss, die Einnahmen aus einem Verkauf ziemlich gut gebrauchen. Conze betonte aber, dass man nicht unter Druck stehe, sich zwingend von Red Arrow Studios trennen zu müssen, falls kein Käufer einen angemessenen Preis zahlen wolle. Auch eine Partnerschaft mit anderen Marktteilnehmern sei denkbar - und wenn sich niemand finde, dann behalte er Red Arrow Studios auch gerne im Konzern. Aktuell sehe er aber großes Interesse. Bis Ende des Monats müssen die verbindlichen Angebote eingegangen sein, noch vor Weihnachten werde die Entscheidung fallen, kündigte Conze an.

Während sich ProSiebenSat.1 also womöglich aus dem internationalen Produktionsgeschäft zurückzieht, will man bekanntlich die Zahl lokaler Produktionen weiter ausbauen. Akquisitionen auf dem deutschen Produzenten-Markt stehen dabei aber nicht oben auf der Liste. Vielmehr wolle man die Zusammenarbeit mit Top-Kreativen stärken und denke hier auch an die Gründung von Joint Ventures gemeinsam mit diesen. "Es sind die kreativen Talente, die den Unterschied machen", so Conze auf DWDL.de-Nachfrage.

Angekündigt hat Conze in Cannes zudem, dass man Joyn auch in andere Länder bringen will. "Wenn Sie mich fragen, ob das kommen wird: Da bin ich zu 100 Prozent sicher", so der ProSiebenSat.1-Chef auf der Bühne. Dabei gehe es weniger darum, Joyn-Inhalte in anderen Ländern zu zeigen, sondern Marke, Technik und Plattform lokalen Partnern in anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, die sich ähnliche Entwicklungskosten damit sparen könnten. Allerdings werde man einen Schritt nach dem anderen gehen. Zunächst mal gelte es nun, den kostenpflichtigen Premium-Bereich an den Start zu bringen, was noch im Lauf dieses Winters geschehen werde.

Conze erwartet aber, dass auch weiterhin die Mehrzahl der Nutzer den kostenfreien Dienst nutzen wird - hält das aber auch nicht für ein Problem. "Wir messen Erfolg nicht daran, wieviele zahlende Abonnenten wir haben werden. Wir verdienen auch Geld mit dem werbefinanzierten Modell". Die Werbefinanzierung halte er ohnehin für das stärkere Geschäftsmodell - Unternehmen wie Google oder Facebook würden schließlich auch ganz gut davon leben. Letztlich gehe es bei Joyn darum, den Nutzern die Entscheidung zu überlassen, ob sie für Werbefreiheit und einige exklusive Inhalte - Originals werde man künftig teils frei, teils hinter der Paywall veröffentlichen - zusätzlich zahlen wollen. Da Werbung durch das Targeting auf Joyn wertvoller sei als im klassischen Fernsehen, sei auch die geringere Anzahl an Werbespots, die auf Joyn ausgespielt werden, kein Problem. Vielmehr erwarte er, dass sich auf Sicht die Zahl der Werbespots auch im linearen Fernsehen verringern werde, diese dafür aber teurer würden. Letztlich blicke er daher positiv in die Zukunft, auch wenn man vorübergehend mit geringeren Gewinnen leben müsse: "Unser neues Geschäftsmodell ist besser, nur der Übergang ist schwer."