Björn Böhning © Hans-Christian Plambeck Björn Böhning
Mit einem Jahr Abstand könnte man meinen, bei der Produktionsallianz würden sie so etwas wie hellseherische Fähigkeiten besitzen. Oder vielleicht war es auch einfach nur eine sehr realistische Einschätzung des Marktes: Als man im Dezember 2023 die Ergebnisse der damaligen Herbstumfrage veröffentlichte, warnte man eindringlich vor einem möglichen "Krisenjahr 2024". Und nachdem der Großteil des Jahres inzwischen hinter uns liegt, lässt sich festhalten: Damit sollte Björn Böhning, CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz, recht behalten. 

Nun hat die Produktionsallianz die Ergebnisse ihrer neuesten Herbstumfrage veröffentlicht - und die geben alles andere als einen Anlass zur Hoffnung. "Die deutsche Filmwirtschaft sieht bitteren Zeiten entgegen und hofft auf die Unterstützung der Politik", heißt es gleich zu Beginn einer Pressemitteilung, die die Organisation am Freitag verschickt hat. Die Ergebnisse der Umfrage unterstreichen das: 77 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, die wirtschaftliche Lage sei aktuell schlecht oder sehr schlecht. Vor einem Jahr waren es nur 56 Prozent - und da war die Branche bereits im Krisenmodus. 

Als größte Probleme und Herausforderungen nannten die befragten Unternehmen die steigenden Kosten bei gleichzeitig sinkenden Budgets der Auftraggeber. Ein weiteres Problem sind für viele Unternehmen sinkende Renditen. Diese Problemlage besteht gleichermaßen bei kleinen und großen Unternehmen sowie unabhängig davon, ob sie Fiction oder Non-Fiction-Programme herstellen. Kein Problem ist für die meisten Unternehmen inzwischen der Personalmangel - vor wenigen Jahren noch ein wichtiges Thema in der Branche, in Zeiten der Krise schlägt das Pendel hier aber natürgemäß in die andere Richtung. 

Die dramatische Eintrübung der konjunkturellen Lage der Filmwirtschaft setzt sich auch in diesem Jahr fort. Die unklare Lage bei der Filmförderung droht nun alle Hoffnungen für das nächste Jahr abzuwürgen.
Björn Böhning, CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz


Produktionsallianz © Produktionsallianz
Die Aussichten auf das kommende Jahr sind ebenfalls schlecht. 66 Prozent der befragten Unternehmen der Produktionsallianz gaben an, dass sie die wirtschaftliche Lage im kommenden Jahr als (sehr) schlecht einschätzen. Die aktuelle Entwicklung drückt schon heute bei vielen Unternehmen auf die Gewinne - bzw. erhöht die Verluste. "Der Rückgang der Unternehmensgewinne hat inzwischen ein Niveau erreicht, das eine nachhaltige Entwicklung der Branche kaum noch möglich erscheinen lässt", heißt es von der Produktionsallianz. Das gelte besonders für das Fiction-Segment: Fast ein Drittel der Fiction-produzierenden Unternehmen würden derzeit Verluste machen. Bei einem weiteren Viertel würden die Gewinnmargen in einem prekären Rahmen zwischen 0 und 2,5 Prozent liegen.

Streamingdienste beauftragen weniger Fiction-Projekte

In einer Sonderumfrage hat die Produktionsallianz außerdem versucht, die aktuelle Stimmungslage im Bereich Fiction einzufangen. Das ist vor allem deshalb relevant, weil die Produktionsunternehmen hier vor allem durch die wohl nicht vollständig durchsetzbare Filmförderreform leiden werden - sollte die teilweise Reform überhaupt kommen. Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtung zum 1. Januar 2025 sind durch das Ampel-Aus jedenfalls noch einmal deutlich unrealistischer geworden. Selbst die Novelle der Filmförderungsgesetzes hängt in der Schwebe. Fast 70 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass im Falle eines Scheiterns der Filmreform eine Abwanderung der Produktionen ins Ausland unvermeidlich wäre. Fast 80 Prozent der Unternehmen erklärten, internationale Streamingdienste hätten im Vergleich zu 2022 deutlich weniger beauftragt. 

"Ein Ende der Talfahrt ist angesichts des Versagens der Politik nicht in Sicht."
VTFF-Geschäftsführer Achim Rohnke


Björn Böhning sagt zu den Ergebnissen: "Die dramatische Eintrübung der konjunkturellen Lage der Filmwirtschaft setzt sich auch in diesem Jahr fort. Die unklare Lage bei der Filmförderung droht nun alle Hoffnungen für das nächste Jahr abzuwürgen. Erschreckend ist vor allem die Aussicht, dass der hohe wirtschaftliche Druck viele Projekte ins Ausland abwandern lässt. Auch der künstlerische Erfolg verhindert dann nicht das Ausbluten des Produktionsstandortes Deutschland. Wir appellieren erneut an die Politik, jetzt zu handeln! Die Film- und Fernsehwirtschaft braucht die Impulse der Filmreform und Klarheit beim von der KEF empfohlenen Erhöhung des Rundfunkbeitrages."

Auch VTFF-Unternehmen sehen schwarz

VTFF © VTFF
Die Ergebnisse der Herbstumfrage der Produktionsallianz decken sich in weiten Teilen mit den Ergebnissen des VTFF-Herbstbarometers 2024. Der Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen, in dem Unternehmen aus den Bereichen Studio, Virtual Production, Rental, Kostümverleih, Postproduction Bild und Ton, Visual Effects (VFX) und Außenübertragung organisiert sind, spricht von einer "desaströsen Stimmung unter Dienstleistern der Film- und Fernsehbranche vor dem Produktionsjahr 2025". Die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe sei angesichts des Scheitern der Filmförderreform schlecht. 

Die Umfrage unter den VTFF-Betrieben zeigt: 58 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre wirtschaftliche Situation als eher schlecht bzw. sehr schlecht. Über zwei Drittel der Unternehmen, insgesamt 72,6 Prozent, erwarten keinen Aufschwung im Produktionsjahr 2025, stattdessen gehen sie von stagnierenden (33,9 Prozent) bzw. sinkenden bis deutlich sinkenden Umsätzen (38,7 Prozent) aus. Eine große Mehrheit (88,7 Prozent) der Betriebe geht außerdem von einer weiteren Konsolidierung der Dienstleisterszene aus - sei es durch Geschäftsaufgabe, Insolvenzen oder Übernahmen. "Damit gehen Produktionsressourcen unwiederbringlich verloren", warnt der VTFF. 

Achim Rohnke © VTFF Achim Rohnke
"Die Umfragewerte des VTFF-Herbstbarometers zeigen Jahr für Jahr nach unten", sagt Verbandsgeschäftsführer Achim Rohnke. "Ein Ende der Talfahrt ist angesichts des Versagens der Politik nicht in Sicht." Das anstehende Produktionsjahr 2025 stehe als Bedrohung vor der Tür. "Wir sind bereits im Austausch mit den Entscheidungsträgern, die künftig die Medien- und Kulturpolitik in Deutschland bestimmen werden. Der VTFF wird mit ganzer Kraft für bessere Standortbedingungen im neuen Produktionsjahr kämpfen." Zeit sollte angesichts der desaströsen Stimmung in der Branche jetzt jedenfalls nicht mehr verloren werden. 

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