Es war der erste große Auftritt von Katrin Vernau, seit sie zu Beginn des Jahres die Nachfolge von Tom Buhrow als WDR-Intendantin angetreten ist: "Quo Vadis, WDR?", fragte DWDL.de-Chefredakteur Thomas Lückerath auf der ANGA COM in Köln - und Vernau machte deutlich, dass es ihr darum geht, nicht nur das Stammpublikum erreichen zu wollen. "Unser Bestreben ist es, wirklich alle Menschen mit unserem Angebot zu begeistern, denn wir bekommen von allen Menschen einen Rundfunkbeitrag." Man schaue sich daher das Angebotsportfolio an und überlege, "ob wir da auch für jeden etwas dabei haben", so Vernau.
Potenzial sieht die neue WDR-Intendantin etwa mit Blick auf junge Zielgruppen. "Die Jüngeren sind eine Zielgruppe, die man immer wieder neu für sich gewinnen muss", sagte sie und verwies auf das erfolgreiche Angebot "nicetoknow", das gerade auch in den neuen TikTok-News-Charts in den Top 10 landete. Gleichzeitig will Vernau aber auch auf Menschen zugehen, die den Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr vertraut - und die Perspektivvielfalt im Programm abzubilden, "sofern sie sich auf dem Boden der Verfassung bewegt", so Vernau, die zugleich betonte: "Demokatie lebt vom Diskurs." Wenn man nicht miteinander spreche, finde man keine Lösungen für gesellschaftliche Probleme.
Stärken will Katrin Vernau auch die Regionalität, von Beginn an ein Versprechen für ihre Amtszeit. In den sozialen Medien soll der WDR als Absender künftig stärker in Erscheinung treten. Dass man zuletzt versucht habe, die "Lokalzeit" vom Linearen ins Non-Lineare zu verlängern, habe "nicht so gut funktioniert", räumte die Intendantin ein, daher wolle man nun "unsere Kräfte bündeln und wir wollen das unter dem Wertvollsten, was wir haben, tun, nämlich unserer WDR-Marke."
Die Ressourcen dafür sollen vor allem aus dem Linearen kommen, wo Vernau augenscheinlich noch Einsparpotenzial ausgemacht hat. "Wir müssen umschichten aus unserer linearen Produktion in die Online-Produktion", sagte sie auf der ANGA COM. Gleichzeitig müsse man die Frage stellen, "ob wir immer alles so aufwendig produzieren müssen", so die Intendantin weiter. "Lineares Fernsehen ist sehr teuer und das kann man auf die eine oder die andere Art und Weise produzieren. Da gibt es ja auch technischen Fortschritt, sodass man da auch mit kleinerem Besteck, aber aus der Nutzerperspektive gar nicht unbedingt schlechterer Qualität, Dinge produzieren kann."
Zurückhaltung bei längerer "Tagesschau"
Im Gespräch mit Thomas Lückerath ging es auch um eine zuletzt in ARD-Kreisen diskutierte Verlängerung der abendlichen "Tagesschau" auf 30 Minuten. Eindeutig positionieren wollte sich die WDR-Intendantin hierzu nicht, meldete aber leise Zweifel an. So verwies Vernau auf die Herausforderungen, die ein solcher Schritt mit sich bringen würde - etwa das geübte Sendeschema, an dem sich auch das ZDF und alle anderen Sender orientieren. Zudem habe man das längere Format der "Tagesthemen". Der Live-Moment und der Wunsch des Publikums, bei aktuellen politischen Ereignissen dabei zu sein, habe jedoch an Bedeutung gewonnen. "Ich kann mir vorstellen, dass man da das Programm noch öfter aufmacht. Ob man da jetzt eine halbe Stunde 'Tagesschau' machen muss, ist noch nicht entschieden", so Vernau.
Viele Baustellen also, mit denen es die neue WDR-Intendantin zu tun bekommt. Immerhin eine davon scheint in absehbarer Zeit beendet werden zu können - nämlich jene des WDR-Filmhauses in der Kölner Innenstadt. Katrin Vernau geht von einer Eröffnung in diesem Jahr aus, wie sie auf der ANGA COM erklärte. "Von unserer Seite aus haben wir das im Griff", beteuerte Vernau - und schob dann doch noch eine Einschränkung hinterher: "Jetzt müssen die Firmen halt auch machen, was geplant ist."