"Heute Abend sind wir alle Jimmy Kimmel." Mit diesen Worten begann Stephen Colbert am Donnerstag seine Show bei CBS. Es ist der Tag nachdem ABC - wohl auf politischen Druck hin - entschieden hat, Colberts Late-Night-Kollogen vorübergehend vom Sender zu nehmen. Colbert, den das Aus seiner eigenen Show erst vor wenigen Wochen selbst ereilte, bezeichnete die Entscheidung von ABC als "offenkundige Zensur". "Es fängt immer klein an. Denken Sie daran, in der ersten Woche seiner Präsidentschaft, nennen wir es Golf von Amerika. Sicher, das scheint harmlos, aber bei einem Autokraten darf man keinen Zentimeter nachgeben. Wenn ABC glaubt, dass dies das Regime zufriedenstellen wird, ist das leider naiv."
Colbert machte sich zugleich über die Führungskräfte von Disney lustig und sagte: "Wie eine Quelle bei ABC es ausdrückte, haben sie sich den ganzen Tag vor Angst in die Hose gemacht" wegen der Drohung der Trump-Regierung, sich an dem Sender zu rächen. "Das Gute daran ist, dass dies beweist, dass Disney die Nummer 1 im Streaming ist", scherzte Colbert.
Wenig später verwandelte sich Colbert schließlich in Stephen Colbert - also in jene Figur eines konservativen Reporters gleichen Namens, die er fast zehn Jahre lang im gleichnamigen "Colbert Report" und dadurch und auf überzogene Weise die Standpunkte der Republikaner entlarvte. In seiner "Late Show" griff er nun eine der bekanntesten Rubriken seiner früheren Show noch einmal auf und gab dem Publikum in seiner Rolle einige Ratschläge mit auf den Weg. Zum Beispiel: "Beschweren Sie sich niemals, egal was der Präsident tut, selbst wenn er die Armee in Ihre Heimatstadt schickt, halten Sie einfach den Mund und nehmen Sie es hin."
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Youtube, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt anzeigen lassen. Dabei können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Auch Jon Stewart, nach eigener Aussage "patriotisch gehorsamer Moderator", griff die Debatte auf und präsentierte "die brandneue, von der Regierung genehmigte Daily Show" - in einem goldenen Studio, passend zur Ästhetik Oval Office, gab sich der Moderator - der sonst eigentlich nur montags auf Sendung geht - betont unterwürfig. Mit Blick auf die Aussage von US-Präsident Donald Trump, wonach Jimmy Kimmel nicht talentiert sei, präsentierte Stewart schließlich ein "Talent-O-Meter", das messen könne, wann die "Freundlichkeit eines Künstlers gegenüber dem Präsidenten unter ein bestimmtes Niveau fällt".
Stewart verwies aber auch auf Donald Trump Jr. und Mike Johnson, den Sprecher des Repräsentantenhauses, die ihre politischen Gegner dafür kritisierten, Trumps Regierung als "faschistisch" zu bezeichnen. Als Retourkutschte ließ der Moderator in seiner "Daily Show" bei Comedy Central Ausschnitte aus Trumps Reden zeigen, in denen er Demokraten als "Faschisten" oder "Tiere" bezeichnete. Es folgten Ausschnitte von Republikanern und Konservativen, die sich über den Hammerangriff auf den Ehemann der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, lustig machten, bei der dieser eine Schädelverletzung davontrug.
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Youtube, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt anzeigen lassen. Dabei können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Selbst Jimmy Fallon - ein guter Freund Kimmels - schaltete sich in die Debatte ein, obwohl sich der NBC-Star sonst für gewöhnlich davor scheut, politische Themen in seiner Show anzusprechen. Am Tag nach dem vorläufigen Aus seines Late-Night-Kollegen Jimmy Kimmel machte sich Fallon nun genau darüber lustig. "Viele Menschen sind besorgt, dass wir nicht mehr sagen können, was wir wollen, oder dass wir zensiert werden, aber ich werde über die Reise des Präsidenten nach Großbritannien berichten, so wie ich es normalerweise tun würde", sagte Fallon, bevor ein Sketch begann, in dem die Pointen seiner Witze durch eine Voiceover-Stimme verändert wurden.
"Präsident Trump hat gerade seine dreitägige Reise nach Großbritannien beendet und sah unglaublich gut aus", hieß es etwa. Und: "Seine Krawatte hatte genau die richtige Länge, sein Gesicht hatte eine Farbe, die in der Natur vorkommt, und seine Haare sahen besser aus als die von Conrad aus 'The Summer I Turned Pretty'". Trump mache Amerika wieder groß, "indem er unseren nationalen Ruf wiederherstellt, unsere Wirtschaft wiederbelebt und unser Militär wieder aufbaut. Ich nominiere ihn hiermit für den Friedensnobelpreis", sagte Fallon und ergänzte: "Sehen Sie, wir können immer noch sagen, was wir wollen."
Zuvor hatte sich schon David Letterman, langjähriger Late-Night-Moderator und Vorgänger von Stephen Colbert, zu den jüngsten Vorgängen geäußert. "Ich finde das bedauerlich, weil wir alle sehen, wohin das führt", sagte Letterman auf einem Festival. "Das ist manipulierte Berichterstattung. Und das ist nicht gut. Es ist albern. Es ist lächerlich. Man kann nicht einfach jemanden entlassen, weil man Angst hat oder sich bei einer autoritären, kriminellen Regierung im Oval Office einschmeicheln will. So funktioniert das einfach nicht."
Mehr zum Thema