Foto: ZDF/Carmen Sauerbrei; Logo: Tele5Claus Kleber hat dem "Spiegel" abgesagt und die Suche nach einem neuen Chefredakteur für eine der bedeutendsten Zeitschriften der Republik scheint wieder auf Anfang zu stehen. Dabei hatte es zunächst so gut ausgesehen: Nachdem viele Namen - manche mehr, manche weniger plausibel - im Raum standen, einigten sich die Gesellschafter des Spiegel-Verlags in der vergangenen Woche auf den ZDF-Journalisten. Viele Namen sind zuvor verbrannt worden. Als aussichtsreichste Kandidaten galten bis zum Bekannt-Werden des Namens Kleber der Chefredakteur der "Frankfurter Rundschau" Uwe Vorkötter und "SZ"-Innenpolitik-Chef Heribert Prantl.

Fraglich ist jedoch, ob diese Varianten nun überhaupt noch denkbar sind. Schließlich würden beide nun als Lückenbüßer beim "Spiegel" antreten. Ohnehin munkelt man in Hamburg, viele Namen gelangten ohnehin nur an die Öffentlichkeit, um sie damit für die tatsächliche Besetzung auszuschließen. Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" heißt es aus Verlagskreisen, die Suche nach einen Kandidaten außerhalb des Verlages sei nun gescheitert, so dass es auf eine interne Lösung herauslaufen könnte. Bereits im Zusammenhang mit Claus Kleber war die Rede davon, dass "Spiegel Online"-Chef Matthias Müller von Blumencron und "Spiegel"-Vize-Chef Martin Doerry künftige Stellvertreter werden könnten. Müller-Blumencron allerdings soll von der Mitarbeiter KG als Chefredakteur bereits abgelehnt worden sein.
 


So wie sich die Situation derzeit darstellt, dürfte es mehr als fraglich sein, ob der "Spiegel" noch in diesem Jahr einen neuen Chefredakteur präsentieren wird. Vorbei sind wohl die Zeiten, in denen es der absolute Traum eines jeden Medienschaffenden ist, dem ehemaligen Sturmgeschütz der Demokratie vorzustehen. So ganz einig ist man sich wohl auch innerhalb des Gesellschafterkreises derzeit nicht über die Besetzung der wohl spannendsten Personalie der zweiten Jahreshälfte. Als die Wahl auf Kleber fiel, enthielten sich dem Vernehmen nach die Erben des Blattgründers Rudolf Augstein der Stimme. Jakob Augstein sagte Bereits in der "FAZ", die Zeitschrift brauche einen Chef und keinen Moderator.

Laut einem Bericht von "Welt Online" sieht man in Verlagskreisen die Vertrauensbasis unter den Gesellschafter gestört, da Namen, die intern zur Diskussion stehen, von anderen Beteiligten öffentlich gemacht würden. Die Detailtreue, mit der in den vergangenen Wochen Informationen an die Öffentlichkeit gerieten, lässt in der Tat darauf schließen, dass einigen Mitgliedern der Gesellschafterversammlung daran gelegen ist, einzelne Pläne durch den Gang an die Öffentlichkeit zu torpedieren.

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Claus Kleber indes wird gut verhandelt haben. Er tut wohl gut daran, sich als einer der derzeit profiliertesten Fernsehjournalisten der Republik nicht auf den Schleudersitz des "Spiegel"-Chefs gesetzt zu haben. Verlockend war sicher das Angebot, groß jedoch das Risiko, zu scheitern. Auch wenn die Redaktion des "Spiegel" Kleber für eine gute Wahl hielt, so hätte Kleber seine bestens etablierte Position als Chef des "Heute Journal" aufgegeben und wäre in Hamburg "der Neue" ohne entsprechende Print-Erfahrung. So geht er nun gestärkt aus der turbulenten Woche hervor.

Das "Heute Journal" will man "energisch als Topformat" ausbauen, sagte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Zusammenhang mit Klebers Verbleib beim ZDF. Das macht man zwar schon länger, doch Klebers Kompetenzen dürften wohl einen größeren Rahmen bekommen. Laut einem Bericht der "FAZ" soll das ZDF Kleber ein "attraktives Leitstungsangebot" zusammengestellt haben, das ihm größere Freiheiten bei seiner Arbeit einräumt. Gegenüber „Welt online“ erklärte ein ZDF-Sprecher, Geld sei bei Klebers Absage kein entscheidendes Kriterium gewesen. Auch an Klebers Aufgaben solle sich künftig nichts ändern.

So wie es in den vergangenen Tagen immer wieder anklang, schien Kleber wohl nicht wirklich abgeneigt, den Job beim "Spiegel" zu übernehmen. Entweder hat er gut gepokert oder die ZDF-Führung hat es mit viel Verhandlungsgeschick geschafft, ihren Anchor, den sie vor vier Jahren von der ARD zu sich holte, zum Bleiben zu bewegen. Für die Zuschauer, bei denen Kleber hohes Ansehen genießt, sicher ein Gewinn. Ob auch für den "Spiegel", das wird sich erst im kommenden Jahr zeigen.