Foto: RTLNoch bevor die Fernsehzuschauer die Gelegenheit bekamen, die zweite Folge von "Die Anwälte" zu sehen, schaffte es die von RTL in Auftrag gegebene Serie Fernsehgeschichte zu schreiben. Das gelang einmal im Januar und dann erneut im September diesen Jahres. Anfang des Jahres machte RTL mit der rekordverdächtigen Absetzung der Serie nach nur einer ausgestrahlten Episode Schlagzeilen - und machte "Die Anwälte" damit in diesem Jahr zum Paradebeispiel für die Ungeduldigkeit deutscher Fernsehmacher.

Dann hörte man lange nichts von der Serie. Anfang Juni sagte RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt im DWDL.de-Interview noch, die Chancen stünden nicht schlecht, dass die Serie eine zweite Chance kriegt. Dass damit auch ein Verkauf an die ARD gemeint sein könnte, wagte damals noch niemand zu spekulieren. Denn neben der Absetzung nach nur einer einzigen Folge, ist auch der Verkauf der Serie an die ARD so ungewöhnlich wie schlagzeilenträchtig. Einen solchen Verkauf gab es noch nie im deutschen Fernsehen.

Im Grunde allerdings kehrt die Serie damit nur nach Hause. Produziert wurde "Die Anwälte" von Studio Hamburg, einer Tochter des NDR. ARD-Programmdirektor Struve begründete die überraschende Entscheidung Anfang September mit den Worten: "Wenn sich die Gelegenheit bietet, eine hervorragend gemachte deutsche Serie wie 'Die Anwälte' zu erwerben, dann sollte man diese auch nutzen." Mit RTL sei man zu einer "tragbaren Vereinbarung" gekommen. Nach Ansicht von Struves designiertem Nachfolger Volker Herres passt die Serie bestens ins Programmprofil.
 

 
Und RTL-Serienchefin Barbara Thielen, die abgesehen von diesem Flop bei den Kölnern einen hervorragenden Job macht, zeigt sich als gute Verliererin: "Auch wenn die Serie von den RTL-Zuschauern nicht akzeptiert wurde, hat sie es mehr als verdient, dennoch ausgestrahlt zu werden." Wobei: Ob RTL wirklich ein Verlierer ist? Der Preis, für den die ARD sich die Serie sichern konnte, ist leider - wie so oft - nicht bekannt. Bekannter dafür: Hauptdarsteller Kai Wiesinger. Der äußerte sich in gleich zwei Interviews mit "Welt" und "Tagesspiegel" zum zweiten Frühling der Anwaltsserie.

"Mich freut die zweite Chance für 'Die Anwälte'. RTL hatte die Größe, sich von einem Programm zu trennen, was bei ihnen nicht funktioniert hat. Und es beweist, dass wir an das Projekt geglaubt haben und ihm jetzt eine neue Plattform bieten, statt es nur Online auszustrahlen oder komplett versanden zu lassen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Als verkaufter "Fernsehsklave" fühle er sich nach dem Wechsel zur ARD deswegen auch nicht.

Ob die Serie jetzt mehr Erfolg haben wird? "Es ist kein einfacher Sendeplatz: gegen Günter Jauch und das Montagskino im ZDF. Andererseits muss man hier nicht schon mit der ersten Folge beweisen, dass man Quote einfährt, man gibt der Sendung eine Chance, ihr Publikum zu finden", analysiert Wiesinger in einem Interview mit der "Welt". Er bleibt optimistisch. Dem "Tagesspiegel" sagte er: "In der ARD trifft die Serie auf ein Publikum, das keine schnellen Schnitte braucht und eher Lust hat, sich auf so ein Timing einzulassen. Die ARD ist deshalb der richtigere Platz für 'Die Anwälte'."

Und übrigens, es sage noch einer, es gebe keine Optimisten: Laut Wiesinger wurden bereits Drehbücher für 13 weitere Folgen von "Die Anwälte" angedacht. Aber dafür muss die Serie jetzt zunächst einmal im zweiten Anlauf beim Publikum ankommen. Sonst? Ja, was sonst? Das "Welt"-Interview beendet Wiesinger mit der Aussage: "Vielleicht treffen wir uns ja mal für den dritten Anlauf auf Arte". Hoffentlich nicht. Es wäre schade um eine gute Serie, die ein größeres Publikum verdient hat.