Im Februar modelte Verleger Jakob Augstein die im Vorjahr erworbene linke Wochenzeitung "Freitag" zum Mitmach- und Meinungsmedium um, zehn Monate später zieht er in einem Interview mit dem "kress report" eine Zwischenbilanz - die nicht gerade euphorisch ausfällt. Die Auflage liege derzeit unter dem erhofften Wert. Besonders im Einzelverkauf sei es für einen so kleinen Titel hart. "Wir sind ein Abo-Titel und müssen dort stark werden".

Neue Abonnenten erhofft er sich vor allem aus den Nutzern der Online-Community des "Freitag". "Wenn sie feststellen, dass wir das Netz verstehen, dass wir es ernst nehmen, dass wir unsere Leser ernst nehmen, dann erhöht das unsere Glaubwürdigkeit. Das sollte sich dann irgendwann auch in Verkäufen niederschlagen", so die Hoffnung Augsteins. "Wer uns im Netz kennenlernt, soll ein Probeabo abschließen. Dann haben wir eine echte Adresse, und das normale Geschäft beginnt."

Augstein räumt aber ein, dass es noch einige Zeit dauern dürfte, bis sich mit dieser Strategie tatsächlich wirtschaftlicher Erfolg einstellt: "Die Zahlen, die wir erreichen müssen, sind nicht hoch. Aber wir machen uns keine Illusionen: Es wird ein harter Weg". Er verspricht aber Durchhaltevermögen. "Ein oder zwei Jahre reichen nicht, mein Zeithorizont sind fünf Jahre." Dennoch freue er sich über das, was bereits geschafft sei. "Der ganze Laden hätte auch implodieren können", so Augstein.

Um sich neue Einnahmequellen zu erschließen, erwägt Augstein auch, Geld mit der Online-Community zu verdienen. "Wir erwägen, Grade von Partizipation zu verkaufen, z.B. die Möglichkeit, sich auf der Startseite des 'Freitag' zu präsentieren". Details könne er aber noch nicht nennen. Damit reagiert Augstein auch auf das weitgehende Ausbleiben von Print-Werbung.

Dem von Verlagen geforderten Leistungsschutzrecht steht Augstein unterdessen sehr skeptisch gegenüber. "Ich sehe nicht, dass im Netz systematisch Texte gestohlen werden", so Augstein. Vielmehr würden Verlage ihre Produkte "auf Teufel komm raus Google-kompatibel machen". Das Leistungsschutzrecht sieht er als "gefährliche Sache": "Ich fürchte, die Verlage wollen die Gema nachmachen und sich bei jedem Textschnipsel zum Abkassieren melden. Aber dann kann man das Internet ebensogut dicht machen."