Betreibt der Bundestag mit seinem Präsidenten Norbert Lammert an der Spitze da etwa einen steuerfinanzierten Piratensender? Nach Auffassung der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) könnte man das ziemlich genau so zusammenfassen.

Die sieht das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestags in seiner derzeitigen Form nämlich als Rundfunkangebot an. Demzufolge würde es eine rundfunkrechtliche Zulassung benötigen, die der Bundestag nie beantragt hat - und die er abgesehen davon auch überhaupt nicht bekommen könnte. Schließlich muss Rundfunk in Deutschland staatsfern sein und ein Verfassungsorgan schließt sich als Programmveranstalter da logischerweise aus.

 

 

Dass der ZAK das nun erst 21 Jahre nach dem Start negativ auffällt, hat einen Grund: Zunächst wurde der Sender nur hausintern ausgestrahlt und übertrug ausschließlich die Sitzungen live. Später wurde er dann allerdings verschlüsselt im Berliner Kabel, später dann auch verschlüsselt bundesweit via Satellit gezeigt. Inzwischen hat sich der Kanal zudem gewandelt: Es gibt nun beispielsweise auch Interviews und Reportagen zu sehen. Und seit Anfang des Jahres wird das Programm nicht nur als Web-Stream, sondern auch via Satellit - wenn auch auf der für Deutschland ungewöhnlichen Astra-Position 23,5° Ost - unverschlüsselt verbreitet.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte ARD und ZDF in den letzten Jahren schon des öfteren mit einem eigenen Kanal gedroht, weil er die Arbeit des Parlaments nicht ausreichend im Programm des Ersten und des ZDF gewürdigt sieht - wobei er stets unterschlägt, dass mit Phoenix längst ein Sender existiert, der die Bundestags-Debatten meist in epischer Breite überträgt - und bei wichtigen und für die Zuschauer besonders interessanten Ausschuss-Sitzungen wie etwa bei der Guttenberg-Befragung im vergangenen Jahr oder erst am heutigen Mittwoch wieder bei der Röttgen-Befragung auch noch auf Anweisung des Bundestages ausgesperrt wird.

Dass der Bundestag selbst gar keinen Sender betreiben dürfte, scheint Lammert dabei nicht bedacht zu haben - oder er vertritt eine andere Auffassung von staatsfernem Rundfunk. Das Parlaments-Fernsehen bezeichnete er in der Vergangenheit stets als legitime Öffentlichkeitsarbeit. Die in die gleiche Richtung wie die ZAK zielende Kritik von ZDF-Intendant Schächter wies er jüngst bereits scharf zurück, wie die "taz" vor Kurzem berichtete. Die Reaktion Schächters bezeichnete er demnach als "völlig unverständlich". Man könne eher den Eindruck gewinnen, dass man beim ZDF nur "auf die erste sich bietende Gelegenheit gewartet habe, sich von Parlamentsübertragungen zu verabschieden".

Bei den Medienhütern der ZAK sieht man das Parlamentsfernsehen hingegen genauso kritisch wie beim ZDF. Der ZAK-Vorsitzende Thomas Fuchs dazu: "Der Bundestag handelt in einem rechtsfreien Raum. Selbstverständlich muss auch der Bundestag wie alle anderen Institutionen die Möglichkeit haben, über seine Arbeit auf zeitgemäße Art und Weise zu informieren. Derzeit gibt es aber keine Rechtsgrundlage für ein so gestaltetes Parlamentsfernsehen."

Eine Sprecherin des Bundestags bestätigte gegenüber DWDL.de, dass das Schreiben der ZAK eingegangen ist. Die Bundestagsverwaltung sei mit der ZAK nun im direkten Kontakt, um das Anliegen der Kommission "präzise zu klären".