Es war im Februar 2002, also vor über neun Jahren, als sich Rolf Breuer, damals Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, in einem Interview mit Bloomberg TV über die Kreditwürdigkeit des hoch verschuldeten Kirch-Konzerns äußerte. Unter anderem sagte er: "Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen." Die Deutsche Bank sehe er hingegen durch ein Pfandrecht auf Kirchs Springer-Aktien gut abgesichert.

Wenige Monate später musste Kirch Insolvenz anmelden, sein Medienimperium wurde zerschlagen - in Kirchs Augen eine Konsequenz aus Breuers Aussagen. Seit 2002 liefert Kirch sich daher nun schon juristische Auseinandersetzungen mit Breuer und der Deutschen Bank. Das Oberlandesgericht München, wo aktuell ein Verfahren läuft, schlug kürzlich einen Vergleich vor, um alle Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Dies berichtet die "Zeit" in ihrer kommenden Ausgabe.

 

 

Demzufolge hätte die Deutsche Bank 775 Millionen Euro an Kirch und dessen frühere Unternehmen zahlen sollen. In einem Hinweisbeschluss hatte das Gericht am 24. März festgestellt, dass Breuer durch das Interview tatsächlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Kirchs begangen haben könnte. Unter Stützung auf eine Reihe von Indizien komme eine Haftung wegen des Delikts "ernsthaft in Betracht", heißt es laut "Zeit" in dem Schreiben.

Die Deutsche Bank hat den Vergleichsvorschlag allerdings umgehend abgelehnt und hält auch weiter an ihrer Auffassung fest, dass Kirch keine Entschädigung zustehe. Die Einschätzung des Gerichts sei zudem bereits überholt. Der "Zeit" teilte die Bank mit: "Es handelte sich um eine vorläufige Einschätzung des Gerichts, die aus unserer Sicht so schon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25. März 2011 nicht mehr aufrecht zu halten war. Herr Dr. Breuer wollte mit der Interviewäußerung Herrn Dr. Kirch nicht schädigen."

Und so wird der Zusammenbruch des Kirch-Imperiums wohl die deutsche Justiz noch eine ganze Weile weiter beschäftigen. Für den Prozess hat das Gericht unter anderem auch Friede Springer, Großaktionärin der Axel Springer AG, als Zeugin geladen. Sie hatte kurz nach der Insolvenz die Springer-Aktien von der Deutschen Bank übernommen, die zuvor Kirch gehört hatten.

Im Sommer muss sich Breuer auch in einem anderen Verfahren noch einmal persönlich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Prozessbetrug in einem früheren Schadensersatzprozess vor. Breuer hatte ausgesagt, er habe sich beim Interview ausnahmslos auf Medienberichte gestützt und sei mit der Kredit-Akte Kirchs bei der Deutschen Bank nie befasst gewesen. Die Staatsanwaltschaft hält das für eine Falschaussage.