Häufig sind Öffentlich-Rechtliche und Zeitungsverleger in der Vergangenheit aneinandergeraten - vor allem die Frage, was ARD und ZDF im Internet dürfen, stieß dabei auf kontroverse Ansichten. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" hat Ulrich Wilhelm, seit wenigen Monaten Intendant des Bayerischen Rundfunks, Verständnis für die Anliegen der Verleger gezeigt.

"Es gibt Befürchtungen der Verleger, die ich verstehen kann und über die wir im Gespräch sind. Wir konzentrieren uns im Netz auf die programmbegleitende Seite. Wichtig ist, dass alle ihre Funktionen behalten können", sagte Wilhelm. Zugleich betonte er allerdings, dass eine investigative Enthüllung im Print ohne die Verbreitung durch Fernsehen und Radio so große Kraft hätte. Umgekehrt vertief Print jedoch die Berichterstattung. "Eine Zeitung mit 40 Seiten kann weit mehr Informationen liefern als eine 15-minütige Nachrichtensendung. Das Agenda Setting geht dafür wieder stärker über die elektronischen Medien", so der BR-Intendant in der "SZ".

Wilhelm kündigte zugleich an, sich für eine Erhöhung des Informationsanteil bei den Öffentlich-Rechtlichen einsetzen zu wollen - etwa über die Digitalkanäle und Infowellen, aber letztlich auch im Internet. "Wir müssen nachhaltiger an den wichtigen Themen dranbleiben, die langfristigen Entwicklungen und Hintergründe solide aufarbeiten und uns fragen: Was kann dabei eine Talkshow leisten, ein Themenabend, ein Brennpunkt, ein Expertengespräch oder eine Dokumentation?" Die viel beachtete Quote hat für ihn derweil keinen allzu hohen Stellenwert. "Quote ist eine dienende Größe. Entscheidend ist der Inhalt."

Dennoch sei ihm bewusst, dass jeder Kreative lieber vor vollen als vor leeren Rängen spielen will. "Eine Opernübertragung kann natürlich nie so viele Zuschauer erreichen wie ein WM-Halbfinale der deutschen Mannschaft. Trotzdem ist es wichtig, immer wieder auch Oper und Theater auf unseren Sendern zu übertragen." Ziel müsse es sein, das jeweilige Potential zu erreichen, das sich dafür interessiert. Als ehemaliger Regierungssprecher hat Wilhelm dabei allerdings auch die Politik vor Augen. "Die Politik würde es ganz eindeutig auf Dauer kritischer sehen, wenn die Inhalte flacher werden, um weiterhin in der Reichweite ganz oben zu stehen."

Sie sei darauf angewiesen, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk inhaltlich anspruchsvoll bleibe und das öffentliche Geschehen nachhaltig und umfassend abdecke. Zum Profil eines Vollprogramms gehörten jedoch "selbstverständlich" auch Sport und Unterhaltung, betonte Wilhelm, der zugleich als Sport-Intendant der ARD fungiert. Sparmaßnahmen, etwa bei Großereignissen wie der Fußball-WM, lehnt er ab. "Dann würden Sie aber Vorrunden-Spiele wie Chile gegen Kamerun nicht mehr frei empfänglich sehen. Die ganze Bandbreite der Spiele würde Ihnen Sat 1 oder RTL während einer WM nicht bieten." Dabei machten solche Spiele den Reiz einer WM aus.

"Sport ist für die Gesellschaft wichtig, für die Identität des Landes. Er ist wichtig für den Zusammenhalt der unterschiedlichen Schichten und Landesteile." Auch die Bundesliga sei in diesem Zusammenhang wichtig, "weil sie die Identität ganzer Regionen stärkt", so Wilhelm in der "Süddeutschen Zeitung". Der Aufstieg Augsburgs ist für Schwaben eine große Sache. Und dass erstmals die drei großen bayerischen Städte - München, Nürnberg, Augsburg - in der Fußball-Bundesliga vertreten sind, ist auch für Bayern eine große Sache."