In schöner Regelmäßigkeit wird Gerhard Zeiler für das Amt des ORF-Generaldirektors gehandelt - und in genauso schöner Regelmäßigkeit wiegelt der Boss der RTL Group ab. Nun hat Zeiler allerdings doch zugegeben, mit einem Wechsel nach Österreich geliebäugelt zu haben. "Ich habe überlegt, mich als ORF-Generaldirektor zu bewerben", sagte Zeiler in einem Interview mit dem österreichischen Magazin "Profil".

"Die Gründe dafür waren relativ einfach. Ich bin mit Leib und Seele Österreicher, das Land ist meine Heimat, und ich habe acht wunderbare Jahre im ORF verbracht, die ja auch der Grundstein für meine Karriere waren." Die Aussicht, dem ORF bei der Bewältigung der "nicht unbeträchlichen" Probleme helfen zu können, habe ihn überlegen lassen. Um Geld sei es ihm dabei jedoch nicht gegangen, betonte Zeiler im "profil"-Interview. "Mir liegt Österreich am Herzen, und ich habe eine sehr positiv besetzte, emotionale Verbundenheit mit dem ORF. Die Realität hat mich dann aber schnell zu einer Entscheidung kommen lassen."

 

Mit der Realität meint Zeiler wohl in erster Linie die politischen Machtspiele im Hintergrund. "Ich habe schon nach wenigen Gesprächen erkannt, dass es bei der Frage, wer der nächste ORF-Generaldirektor werden soll, wesentlichen Teilen der Politik nicht darum geht, wer das Unternehmen am besten führen kann, sondern wer willfährig parteipolitische Personalwünsche umsetzt." Die Entscheidung, nicht zu kandidieren, sei ihm "relativ leicht gefallen". Zeiler: "Einem derartigen Anforderungsprofil hätte ich in keiner Weise entsprochen."

Bereits vor mehr als zwei Jahren habe es ein Gespräch mit dem österreichischen Bundeskanzler Werner Feymann gegeben, der zum damaligen Zeitpunkt versucht haben soll, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz loszuwerden. "Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, den ORF zu führen. Damals war meine Antwort: Wenn es wirklich ein breiter Wunsch wäre und man den ORF so führen könnte, dass er erfolgreich sein kann, würde ich es mir überlegen. Dann habe ich nichts mehr gehört – bis heute."

Man könne kein Unternehmen erfolgreich führen, wenn Personalbesetzungen bis zur Abteilungsleiter-Ebene von politischer Seite beeinflusst und ständig parteipolitische Personalwünsche geäußert würden. "Das geht schlicht und einfach nicht. Da leidet die Professionalität, und da leidet die Kreativität", so Zeiler. Und weiter: "Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung heute nicht Herr im eigenen Haus ist und glaubt, nur dann gewählt zu werden, wenn sie politische Postenbesetzungen akzeptiert. Das schadet dem Unternehmen nachhaltig."

Bleibt die Frage, wen Zeiler für einen geeigneten ORF-Chef hält. "Es gibt mehrere, die den ORF sehr gut führen könnten", so der RTL-Boss, ohne dabei Namen nennen zu wollen. Für Zeiler selbst scheint das Thema ORF jedenfalls abgehakt zu sein, zumal es bekannt sei, dass er einen langfristigen Vertrag bei der RTL Group habe und zudem Mitglied des Bertelsmann-Vorstands sei", sagte Zeiler zu "Profil". "Und abgesehen davon, dass ich grundsätzlich vertragstreu bin: Das ist eine Tätigkeit, die ich sehr gern ausübe und die mich besonders wegen ihrer internationalen Dimension sehr erfüllt. In unserer Industrie gibt es den Job, den ich derzeit habe, kein zweites Mal in Europa."