Über elf Millionen Zuschauer haben am Mittwoch bei ARD und ZDF das Interview mit Bundespräsident Christian Wulff gesehen. Darin entschuldigte sich Wulff für seinen Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann und sprach von einem "schweren Fehler" - er habe lediglich einen geplanten Bericht zu seiner Hausfinanzierung um einen Tag verzögern wollen. Dieser Darstellung hat die "Bild"-Zeitung nun allerdings widersprochen. Man habe das "deutlich anders wahrgenommen", sagte der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Nikolaus Blome.

"Es war ein Anruf, der ganz klar das Ziel hatte, diese Berichterstattung zu unterbinden", so Blome in einem Interview im Deutschlandfunk. "Und wenn Sie das jetzt als Drohung bezeichnen, das ist vielleicht eine Geschmacksfrage. Aber klar war das Ziel dieses Anrufes, die Absicht und das Motiv, diesen ersten Breaking-Bericht über die Finanzierung seines privaten Hauses zu unterbinden." Das Thema ist besonders durch diese Aussagen wohl noch nicht vom Tisch - zumal man gespannt sein darf, ob es nun nicht sogar zu einer Veröffentlichung der Mailbox-Aussagen des Bundespräsidenten kommen wird.

Ohnehin erscheint es zumindest fraglich, ob Wulff durch seinen Anruf tatsächlich bewirken wollte, den Bericht nur zu verschieben, bis er wieder in Deutschland weilt - Aussagen wie jene, Krieg führen zu wollen, deuten jedenfalls in eine andere Richtung. Zugleich drohte Wulff nach Angaben der "Bild"-Zeitung auch mit strafrechtlichen Konsequenzen, ähnlich wie er es ein halbes Jahr zuvor im Falle eines "Welt"-Artikel schon einmal gemacht haben soll. Zudem soll er dem Springer-Verlag mit einem "endgültigen Bruch" gedroht haben, solle diese "unglaubliche" Geschichte wirklicherscheinen.

Ein "endgültiger Bruch" setzt wiederum voraus, das zuvor eine Art Bündnis zwischen Bundespräsident und der Zeitung herrschte - oder dass Wulff so manche Zusammenarbeit mit "Bild" zumindest als solches empfand und sich deshalb nun umso mehr wunderte, dass plötzlich ein anderer Wind wehte. In der seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen hatte "Bild" jedenfalls sehr wohlwollend über Wulff berichtet, nicht zuletzt während seiner Scheidungsphase.

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