Kaum war Roger Schawinski Ende 2003 als neuer Geschäftsführer von Sat.1 im Amt, strich Harald Schmidt die Segel und verabschiedete sich in seine berühmt-berüchtigte kreative Pause. Es ist ohne Frage eine besondere Art von Beziehung zwischen beiden - das Aus von Schmidts Show war nun für Schawinski offenbar Anlass genug, um noch einmal mit vergangenen Tagen abzuschließen. Und das tut er mit deftigen Worten: In einem Interview mit dem Schweizer "Tages-Anzeiger" bezeichnet er den Late-Night-Talker als parasitär, unverfroren und geldgeil.
"Schmidt hat vor zehn Jahren mit seiner Sendung Kultstatus erreicht und dann unter einem Vorwand in letzter Minute den Vertrag gekündigt. Der Vorwand war bekanntlich ich - obwohl er mich nicht kannte", so Schawinski. "Später hat er einmal zu mir gesagt, dass ich eine Gelegenheit darstellte, abzuhauen, weil er ausgepowert war. Wie Harald Schmidt die Sender später ausgenommen hat, war deshalb schlicht parasitär und unverfroren." Als Sat.1 Schmidt später zurückgeholt habe, habe er seinen Augen nicht getraut - "zumal er den Sender ja als Unterschichtenfernsehen bezeichnet hatte".
Schawinski: "Da braucht es schon eine gehörige Portion Unverfrorenheit, zurückzukehren und nochmals im großen Stil abzukassieren. Aber bei Sat 1 wollte man offenbar einfach einen großen Namen." Das sei ein Fehler des Senders gewesen. Ein Scheitern habe Schmidt jedoch einkalkuliert, ist sich der ehemalige Sat.1-Chef sicher. "Interessanterweise hat er ja noch öffentlich Gottschalk abgeschrieben wegen dessen schlechten Quoten. Jetzt hats ihn noch vor ihm getroffen. Das wird weh tun. Denn da ist durchaus Ehrgeiz vorhanden, wer besser ist. Und vor allem: Wer mehr Geld macht. Die sind ziemlich geldgeil.Wobei sowieso Jauch in allen Disziplinen die Nase vorne hat."
Sowohl Gottschalk als auch Schmidt attestiert Roger Schawinski im Interview mit dem "Tages-Anzeiger" eine "geniale Seite, aber sie überschätzen sich und gehen deshalb Risiken ein, die man nicht eingehen darf – schon gar nicht in Deutschland, wo das Erfolgsrezept Durchschnittlichkeit heißt, was ja Angela Merkel oder Günther Jauch so schön vorexerzieren." Schmidt sei dagegen "der übelste Zyniker, den ich jemals getroffen habe. Ich erinnere mich an einen Satz, den er zu mir sagte: 'Weißt Du Roger, der schönste Moment war, als ich alle meine Leute entlassen konnte.' Dann ist er also sehr bald wieder sehr froh."
Einen Fehler sieht Schawinski vor allem in Schmidts Pause. Dessen Sendungen seien zuletzt zwar besser gewesen als die Quoten besagten, "aber wenn das Publikum mal weg ist, ist es extrem schwierig, es wiederzugewinnen." Und weiter: "Man kann nicht ein Jahr Pause machen, zu einem anderen Sender gehen und nahtlos ansetzen wollen. Fernsehen – und eine Late-Night-Show im Speziellen – braucht vor allem Kontinuität." Eine allzu rosige Zukunft im Fernsehen sagt Schawinski Harald Schmidt nach dem Aus seiner Late-Night-Show in Sat.1 übrigens nicht mehr voraus: "Er sagte ja, er mache Late Night bis an sein Lebensende. Dumm gelaufen. Ich wüsste nicht, wo der noch hin kann – oder wer ihm noch eine Sendung gibt."
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