Seit geraumer Zeit gab Anke Schäferkordt kein Interview mehr, nun hat sich die RTL-Chefin in der "Welt am Sonntag" allerdings doch mal wieder zu Wort gemeldet. Darin zeigte sie sich wenig überrascht vom zuletzt massiven Quotenrückgang des Marktführers. "Es ist eingetreten, was wir selbst angekündigt hatten: Gerade weil wir zwei Rekordjahre mit weit überdurchschnittlichen Quoten hatten und als großer Sender gegen den Markttrend gewachsen sind, überrascht uns jetzt nicht, dass eine Normalisierung eintritt", sagte Schäferkordt.

RTL liege allerdings auch nach wie vor mit dem Öffentlich-Rechtlichen bei allen Zuschauern gleichauf. "Das ist kein neuer Rekord, aber schwieriges Fahrwasser sieht wohl anders aus." Fakt ist aber auch: Langjährige Erfolgsformate wie "Deutschland sucht den Superstar" und "Wer wird Millionär?" tun sich zunehmend schwer, sämtliche US-Serien schwächeln - und für "Dr. House" und "CSI: Miami" ist nach wie vor kein Ersatz in Sicht. Und nicht nur das: Im Bereich der deutschen Serien mangelt es ebenfalls an Nachschub - selbst "Alarm für Cobra 11" musste zuletzt deutliche Einbußen hinnehmen.

Als Grund für den Rückgang der Zuschauerzahlen auf fast allen Sendeplätzen nannte Schäferkordt unter anderem die Fragmentierung des Marktes, die durch die Flut neuer Angebote immer weiter voranschreite. "Wenn TV-Zuschauer je nach Empfangsart die Wahl haben zwischen weit über 100 Kanälen, ist es schlicht unrealistisch, dass mehrere Sender dauerhaft deutlich zweistellige Marktanteile einfahren." Dementsprechend warnt Schäferkordt schon mal vor weiter bröckelnden Marktanteilen. "Marktführer wollen wir bleiben, und auch einen ordentlichen Vorsprung wollen wir halten. Dennoch ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Nummer eins hierzulande auf Dauer so luxuriös dastehen wird, wie es derzeit der Fall ist."

Auf- und Abwärtsbewegungen gehörten allerdings zum Geschäft, betonte die RTL-Chefin. "Die Aufgabe als Programmmacher ist ja, die Formate ständig weiterzuentwickeln und die Zuschauer immer wieder zu überraschen. Gelingt das nicht mehr, braucht es radikale Neuerungen oder ein komplett neues Format." Dass nun ausgerechnet Thomas Gottschalk einer der Retter sein soll, ist zweifellohne eine Überraschung, zumal er zuletzt im Ersten fast gar keine jüngeren Zuschauer mehr erreichte. Dennoch ist Schäferkordt davon überzeugt, dass Gottschalk dem "Supertalent" neuen Schwung bringen kann.

"Thomas Gottschalk ist für mich einer der ganz wenigen Entertainer, die es schaffen, ein Riesenpublikum zu begeistern", sagte Schäferkordt in der "Welt am Sonntag" und erlaubte sich in diesem Zusammenhang einen Seitenhieb gegen die ARD. "Kinder lieben Thomas Gottschalk genauso wie ältere Menschen. Deshalb gehört er für mich nicht in ein enges Studio ohne Publikum, sondern auf die große Bühne."