Auch wenn Super RTL-Geschäftsführer Claude Schmit erneut mit der ihm eigenen Lässigkeit über die inzwischen ganze 15 Jahre andauernde Marktführerschaft im Kinderfernsehen sprach, so steckt dahinter neben harter Arbeit auch ein starkes Nervenkostüm. Denn die Konkurrenz vom Ki.Ka hat sich in diesem Frühjahr gefährlich angenähert. Umso wichtiger also der Blick auf die kommende Saison: Womit wollen Schmit und sein Team den Vorsprung wieder ausbauen? Und dann gibt es noch die Baustelle Primetime. Nur wenn man hier zulegt, kann man das ehrgeizige Wachstum schaffen. "Unser Ziel mit Super RTL sind vier Prozent Marktanteil in fünf Jahren", erklärte Schmit bei der Präsentation und bestätigte damit den schon im vergangenen Jahr angekündigten Wachstumskurs.

Doch dafür muss sich noch Einiges tun. In der Primetime hat es der Sender immer noch schwer oder wie man es bei Super RTL lieber positiv formuliert: Es ist noch etwas Luft nach oben. Zwar feiert man auch hier erste Erfolge und konnte beispielsweise den Mittwoch erfolgreich als Mystery-Tag etablieren. Doch längst nicht immer gelingt es, die sonst auf Kinder ausgerichtete Marke Super RTL am Abend auch einem bereiteren Publikum schmackhaft zu machen. Vor genau zwei Jahren nahm der Sender erstmals gezielt die Primetime in Angriff und setzte damals hoffnungsvoll auf die US-Musicalserie "Glee", die seinerzeit erfolgreichste Serie in den Staaten. Doch die hohen Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Reichweiten bleiben durchwachsen. Zwei Jahre später analysiert Programmchef Carsten Göttel selbstkritisch, warum man sich bei "Glee" so geirrt hatte: Super RTL spricht Kinder oder Eltern mit Kindern an - aber keine Teenager und sehr junge Erwachsene. Als er über die Primetime spricht, lautet die Überschrift der Präsentationsfolio: "Früher war alles besser. Wir nicht."

Deswegen fliegt alles raus, was zu trendy ist und ein aus Super RTL-Sicht falsches Publikum anspricht. Während man in der Daytime im Kinderprogramm durchaus trendy sein will, muss sich Super RTL in der Primetime eine passendere Nische suchen, um zu wachsen. Und statt mit "Glee" plötzlich Teenager und junge Erwachsene erreichen zu wollen, will man auf die Zielgruppe setzen, die man in der Daytime schon hat: Kinder - abends eben mit den Eltern. Ganz so neu ist die Erkenntnis nicht, aber sie soll künftig konsequenter durchgehalten werden. "Auf ein Musical hat in Deutschland vielleicht niemand gewartet, aber Märchen sind in Deutschland bekannt. Das passt besser zu uns, weil hier Eltern mit Kindern gucken können", erklärt Carsten Göttel am Donnerstag bei der Programmpräsentation und präsentiert die ABC-Serie "Once upon a time" als Highlight der neuen TV-Saison, die ab dem 12. September mittwochs um 20.15 Uhr läuft.

Die optisch opulente Serie verknüpft Märchenmotive mit modernen Alltagsthemen und war in den USA als erfolgreichste neue Serie der vergangenen US-TV-Saison ein Überraschungserfolg. "Wir freuen uns sehr, dass wir unseren Zuschauern mit diesem internationalen Serienhighlight Fantasy-Entertainment auf höchstem Niveau bieten können", kommentiert Programmdirektor Carsten Göttel den Programmeinkauf und hofft auf einen größeren Erfolg als mit "Glee". Helfen soll dabei die größte Marketingkampagne in der Geschichte von Super RTL - nur zwei Jahre nachdem man diesen Superlativ schon bei "Glee" benutzte. Der Musical-Serie bleibt man übrigens trotzdem treu und zeigt in der kommenden Saison eine weitere Staffel als FreeTV-Premiere. Nicht mehr dabei sind allerdings vermeintlich hilfreiche RTL-Formate wie "Monk" oder "Psych", weil sie bei Super RTL nicht gesucht würden. Auch von "DSDS - Das Magazin" trennt sich der Sender - weil es ein reines Teenie-Programm sei. All das ist Teil einer "Qualitätsoffensive 2", wie Göttel es nennt.