"Wir haben noch nie so viel gelacht beim Deutschen Fernsehpreis." Mit dieser Einschätzung hatte Joko Winterscheidt vermutlich nicht ganz Unrecht. Dabei war davon im Vorfeld der Verleihung am Dienstagabend gar nicht auszugehen, immerhin war Komiker Dirk Bach nur einen Tag zuvor unerwartet im Alter von nur 51 Jahren gestorben. Es war also eine besondere Herausforderung für die Verantwortlichen der Gala, den Spagat zu schaffen - einen eigenen Einspielfilm widmete man Bach zwar nicht, dafür fand Moderator Oliver Welke allerdings die richtigen Worte. Bach sei der "scharfzüngigste Wortakrobat im Dschungel" gewesen und man habe mit ihm "auf höchstem Niveau lästern und albern" können. "Es ist ein Verlust, den man nicht kompensieren kann - künstlerisch nicht und menschlich sowieso nicht", sagte Welke.

Doch nicht nur er zeigte Anteilnahme: Schauspielerin Annette Frier würdigte Bach ebenso wie einige andere Kollegen, die mit "Danke, Dirk"-Aufklebern zum Fernsehpreis im Kölner Coloneum erschienen waren. Doch trotz des Todes von Dirk Bach herrschte eben keine Beerdigungsstimmung - vermutlich ganz in Bachs Sinne. Verwunderlich nur, dass abgesehen von zwei Erinnerungen an Dirk Bach keinerlei weiteren Verstorbenen der Branche gedacht wurde. Stattdessen Unterhaltung: Welke und sein "heute-show"-Kollege Olaf Schubert sorgten mit guten Sprüchen für reichlich humorvolle Momente. Beispielsweise gleich zu Beginn: "Gehirn und Sex - dass das ZDF so ausschließlich auf die Sexkarte setzt, ist mutig", scherzte Welke mit Blick auf das ungewöhnliche Moderatoren-Paar. Beide schafften es, dass der Deutsche Fernsehpreis in diesem Jahr weit entfernt blieb von der Selbstbeweihräucherung, die an der Verleihung in der Vergangenheit so häufig kritisiert wurde.

Dabei machten sie auch vor dem eigenen Sender nicht Halt. "Die Suche nach einem neuen Moderator war ein sehr würdevoller Prozess", scherzte Welke hinsichtlich der langwierigen Suche nach einem Nachfolger für Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass..?". Markus Lanz habe den Job schließlich "auf der ZDF-Weihnachtsfeier beim Wichteln gewonnen". Hinzu kam Martina Hill, die Renate Künast und Daniela Katzenberger als neues "Tatort"-Duo sehenswert verkörperte - und ganz nebenbei für einen echt verdutzten Gesichtsausdruck bei der Original-"Katze" sorgte. Dass sie später für ihre Sat.1-Comedy "Knallerfrauen" ausgezeichnet wurde, war da nur allzu konsequent. Bei Oliver Kalkofes Auftritt wurde es dann sogar richtig bissig: Er wünsche sich, den Verantwortlichen von Formaten wie "Schwer verliebt" oder "Villa Germania" würde "der Blitz beim Scheißen treffen".

Das saß. Ebenso wie der Kommentar von Gernot Hassknecht, der die von Produzent Frank Schmidt im DWDL.de-Interview getätigte Aussage, dass Fiction auch für die Hälfte gehe, genüsslich auseinandernahm. Zum zunehmenden Einsatz von Laiendarstellern sagte Hassknecht: "Warum nehmt ihr nicht 'ne Stehlampe und malt ein Gesicht drauf?" Doch es gab längst nicht nur Humor beim diesjährigen Fernsehpreis - ganz nebenbei wurden nämlich auch noch die Gewinner gekürt. Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf erhielten überraschend einen Preis für die Besondere Leistung. So gesehen werden sie es gut verschmerzen können, dass sie sich in der Show-Kategorie dem ProSiebenSat.1-Castingformat "The Voice of Germany" geschlagen geben mussten. Dass "The Voice" kürzlich bei den Emmys leer ausgegangen war, war für John de Mol auf der Bühne Anlass genug zum Scherzen. "Die Deutschen haben vom Fernsehen mehr Ahnung als die Amerikaner", so de Mol bei seiner Dankesrede.

Für einen schwungvollen und pointensicheren Auftritt sorgten indes Charlotte Roche und Jan Böhmermann, die die Produzenten ihrer ZDFkultur-Talkshow mit dem Förderpreis überraschten. Zuvor scherzte Roche beim Betreten der großen Bühne: "Hier geht die ganze Kohle hin!" Und in Richtung Oliver Geissen ätzte Kollege Jan Böhmermann: "Wir haben einen Grund, hier zu sein - im Gegensatz zu Olli." Mit der Vox-Dokusoap "Cover my Song" wurde alsdann auch noch ein weiteres kleines, aber feines Format ausgezeichnet. Schön, dass die Bandbreite in diesem Jahr so groß war. Und sonst? Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl gewannen den Fernsehpreis für ihre Analysen bei der Fußball-Europameisterschaft. Dass Scholl nicht anwesend war, rechtfertigte Opdenhövel mit einer einfachen Erklärung: "Er hat sich wundgelegen." Als Bester Fernsehfilm wurde die ZDF-Produktion "Das Ende einer Nacht" geehrt - der Film war so etwas wie der Gewinner des Abends, denn mit Barbara Auer und Ina Weisse wurden auch noch die beiden Hauptdarstellerinnen ausgezeichnet.

Der künftige "Tatort"-Kommissar Wotan-Wilke Möhring wurde für seine Rolle im ARD-Film "Der letzte schöne Tag" zum Besten Schauspieler gewählt, "Der letzte Bulle" bekam den Preis als Beste Serie und "Stern TV" heimst seinen ersten Preis ausgerechnet im ersten Jahr ohne Günther Jauch ein. Zu guter Letzt erhielt dann noch Frank Elstner den Ehrenpreis aus den Händen von Norbert Blüm. "Du bist noch nicht am Ziel", rief der frühere CDU-Minister dem "großen Frank" zu. Der bedankte sich bei allen, "die jahrelang unter mir gelitten haben" und kündigte trotz der Ehrung an: "Aufhören kann ich nicht. Das schaffe ich einfach nicht." So ging ein äußerst unterhaltsamer und launiger Fernsehpreis zu Ende. Nur schade, dass man sich nicht traute, den Zuschauern diese Gala live zu servieren.

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