Unzählige Modelle wurden in den letzten Wochen und Monaten schon diskutiert, von einer Reduzierung der wochentäglichen "FTD" bis zu einer Abschaffung der Print-Ausgabe hat Gruner + Jahr viele Modelle durchgerechnet - doch überzeugen konnte letztlich offenbar keiner der Vorschläge. Wie die "FAZ" berichtet, hat sich der Vorstand nun für die radikalste Lösung entschieden: Die "Financial Times Deutschland" soll eingestellt werden. Damit erwischt es nur Tage nach der Insolvenz der "Frankfurter Rundschau" die nächste Zeitung mit überregionaler Bedeutung.

Offiziell ist aus dem Hause Gruner + Jahr dazu noch nichts zu hören. Noch muss der Vorstandsbeschluss vom Aufsichtsrat abgesegnet werden, der am Mittwoch ab 12 Uhr tagen wird. Erst danach ist ein offizielles Statement zu erwarten. Es gelte aber als sicher, dass die beiden Anteilseigner von Gruner + Jahr - also Bertelsmann und die Verlegerfamilie Jahr - die Entscheidung des Vorstands billigen werden, schreibt die "FAZ".

Damit würde die Geschichte der "Financial Times Deutschland" nach weniger als 13 Jahren wieder enden. G+J hatte die "FTD" im Februar 2000 als Konkurrenz zum "Handelsblatt" auf den Markt gebracht, konnte damit aber nie wirtschaftliche Erfolge verzeichnen. Von Anfang an war das Blatt defizitär. Um Kosten zu sparen, entschied Gruner + Jahr im November 2008, alle seine Wirtschaftstitel künftig aus einer Gemeinschaftsredaktion zu bestücken. Doch die Gewinnzone blieb trotz Kostenreduktion unerreichbar. Bislang sollen in Summe Verluste von mehr als 250 Millionen Euro aufgelaufen sein.

In den letzten Jahren hat sich die Situation weiter verschlechtert. Nicht nur die Werbeeinnahmen gingen zurück, auch die Verkaufszahlen dümpelten vor sich hin. Zwar hielt G+J die verkaufte Auflage immer knapp über der Marke von 100.000 Exemplaren, allerdings nur durch Bordexemplare und verbilligte sonstige Verkäufe. Abonnenten hatte die "FTD" zuletzt weniger als 42.000, im Einzelverkauf gingen gerade mal etwas mehr als 3.000 Exemplare über den Ladentisch. Die Folge: Allein in diesem Jahr sollen bei den G+J-Wirtschaftsmedien 15 Millionen Verlust auflaufen, davon allein zehn Millionen durch die "FTD".

Doch Gruner + Jahr trennt sich nicht nur von der "Financial Times Deutschland", auch "Impulse" und "Börse Online" haben offenbar keine Zukunft bei Gruner + Jahr. Sie dürften allerdings trotzdem überleben, allerdings bei anderen Verlagen. Dem "FAZ"-Bericht zufolge soll es für beide Titel "etliche Interessenten" geben. Stimmt der Aufsichtsrat zu, sollen beide Titel verkauft werden. Von Gruner + Jahr fortgeführt werden soll allein "Capital" - einer der Gründungs-Titel des Verlags. Nach der Auflösung der bisherigen Gemeinschaftsredaktion soll das Blatt dann aber in Berlin erstellt werden und wohl politischer ausgerichtet werden, wie der "Spiegel" schon am Wochenende berichtete.

Für die Mitarbeiter in Hamburg ist das ein schwerer Schlag: 350 Mitarbeiter arbeiten für die G+J-Wirtschaftsmedien, darunter 250 Redakteure, von denen die meisten der "FTD" zugeschlagen werden. Die meisten davon müssen sich nun nach einem neuen Job umschauen.

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