"Das ist ja eher ein Staffelrohr", scherzte Monika Piel, als sie am Mittwoch im WDR-Funkhaus den Staffelstab symbolisch an ihren Nachfolger Tom Buhrow überreichte. Erleichtert, ja geradezu befreit wirkte die ehemalige WDR-Intendantin bei diesem vermeintlich letzten großen Auftritt - und das, obwohl sie nach zehn Wochen im Ruhestand immer noch lernen müsse wie das Leben ohne Arbeit funktioniere. "Mein Soll für die Rentenversicherung habe ich erfüllt", scherzte sie und erinnerte an 48 Berufsjahre, die sie hinter sich gebracht hat. "An mir liegt es also nicht, wenn die Rentenkassen nicht so gut dastehen." Dass ihr Abschied so schnell kommen würde, hätte sie selbst jedoch vermutlich am wenigsten erwartet.

"Beim Check-Up habe ich die gelbe Karte bekommen", sagte Piel und gab zu, dass sie das "ziemlich durcheinandergewirbelt" habe. Am Ende sei die Entscheidung allerdings klar gewesen. Ihren Humor, den man als Beobachter von außen in den vergangenen Jahren oft gerne häufiger gesehen hätte, hat Monika Piel aber nicht verloren. So erzählte sie sehr locker darüber, wie unterschiedlich die Herangehensweisen von Journalisten und Juristen doch seien. "Ich habe deine Analysen immer von hinten gelesen - und dann war ich voll im Stoff", sagte Piel und meinte damit ihre bisherigen Stellverteterin Eva-Maria Michel, die zugleich Justiziarin beim WDR ist.

Und sie erzählte, wie die Reaktion ihrer Tochter auf ihre erste "Presseclub"-Moderation gewesen sei: "Gott sei Dank weiß in der Schule niemand, dass du meine Mutter bist", soll sie zu hören bekommen und sich "wie eine Schwerverbrecherin gefühlt" haben. Doch gerade familiär hatten fast vier Jahrzehnte beim WDR für Piel auch ihr Gutes. "Meinen Mann habe ich dem WDR zu verdanken", sagte sie. Moderator Roger Handt, der sich kürzlich ebenfalls in den Ruhestand verabschiedete, habe immer die beste Musik gespielt. "Und irgendwann wollte ich auch zuhause nicht mehr darauf verzichten." Das eint Monika Piel übrigens mit ihrem Nachfolger: Auch Tom Buhrow betonte, dass der WDR bei ihm zur Familiengründung beigetragen habe.

Piel erinnerte sich unterdessen daran, dass sie im Laufe ihrer Karriere vor allem "diverse Beförderungen zur ersten Frau" durchgemacht habe - bis hin zur ersten ARD-Vorsitzenden. Doch sie selbst empfand das nicht nur als Vorteil. "Diese Herausgehobenheit ist nicht immer vergnügenssteuerpflichtig", erklärte Piel bei der Staffel-Übergabe. Aber auch Tom Buhrow hat diesbezüglich seine Erfahrungen gemacht: Er sei in seiner Karriere oft "der erste Mann unter einer Frau" gewesen. So habe er nicht nur unter Piel gearbeitet, sondern in all den Jahren auch unter Marion von Haaren oder Sonia Mikich. Buhrow würdigte zu Beginn seiner Rede die Leistungen seiner Vorgängerin: "Sie wirken oft im Stillen. Sie haben für den WDR viel erreicht und wir sind dankbar dafür."

Lobende Worte gab es auch von den Gremien-Vorsitzenden und der NRW-Minsterpräsidentin Hannelore Kraft. "Das klare Wort, das Ihnen eigen ist, Ihre Sachlichkeit, Ihre Verbindlichkeit und Ihre Menschlichkeit haben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut getan", betonte die SPD-Politikerin in Köln. An Tom Buhrow gerichtet, sagte Kraft: "Sie sind Journalist mit klarem Profil, Sie kennen den WDR und sie kennen unser Land. Das sind gute Voraussetzungen, um die Herausforderungen im WDR, in der ARD und der sich rasant verändernden Medienlandschaft zu meistern." Mit dem WDR sei Buhrow ein Schatz anvertraut worden: "Ich wünsche Ihnen und uns, dass es Ihnen gelingt, diesen Schatz zu wahren und zu mehren. Er ist sehr wertvoll."

Zeit zum Einarbeiten hat Tom Buhrow beim WDR inzwischen übrigens bereits gefunden. Die Zeit für ein Konzert der Stones nahm er sich kürzlich allerdings trotzdem, auch wenn er nicht mehr ganz genau sagen konnte, ob das letzte oder sogar vorletzte Woche gewesen ist. "Die Wochen sind schon wie Jahre", lachte er, kündigte in einem ernsteren Moment aber bereits an, dass auf den WDR wohl auch in Zukunft ein Sparkurs zukommen wird. Auf junge und kreative Köpfe will er in seiner Amtszeit setzen - und die Kritik von außen filtern. "Manches ist legitime Kritik, aber manches kann ich auch nicht mehr ernst nehmen", so Buhrow, der die Mitarbeiter dazu aufrief, sich von fairer Kritik anspornen, durch unfaire Kritik allerdings nicht beirren zu lassen.

Ansonsten aber bewies Buhrow im Funkhaus vor allem seine Entertainer-Qualitäten - und schnell wurde klar, dass die Staffel-Übergabe für ihn einen ganz besonderen Moment darstellte. Schon alleine, weil er 28 Jahre zuvor an gleicher Stelle als Volontär anfing. Da passte es nur allzu gut ins Bild, dass er - mit etwas Verspätung - dann auch noch seine Urkunde zum 25-jährigen WDR-Jubiläum überreicht bekam. Aus gutem Grund: Zur Zeit seines Jubiläums war Buhrow nämlich gar nicht beim WDR angestellt, sonderm beim NDR. Von der Bühne ging der neue Intendant an diesem Mittwoch jedenfalls nicht so schnell. "Das kommt davon, wenn man Journalisten zum Intendanten wählt", sagte er. "Wenn wir mal nicht in den Senderkorsetts sind, schlagen wir über die Stränge." Mal schauen, was man dem Programm in der Buhrow-Ära davon anmerken wird.