Der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof lieferte eines der grundlegenden Gutachten, die die Umstellung von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag empfahlen. Auch wenn die Umstellung vielfach auf harsche Kritik stieß und noch immer stößt, verteidigt er sie in einem "SZ"-Interview erneut. Kirchhof: "Wir haben nur das rechtlich festgeschrieben, was vorher schon existierte." Heute habe jeder Haushalt Geräte, die zum Empfang von Rundfunk geeignet seien - "vom Radiowecker bis zum Autoradio, ein oder zwei Fernseher, Laptop, Smartphone. Er müsste also eigentlich fünf oder zehn Beiträge bezahlen. Die Geräteabgabe hatte sich real - ohne Gesetzesänderung! - schon verwandelt in eine Haushaltsabgabe", so Kirchhof.

Die Gleichheit sei eher bei der alten Geräteabgabe gefährdet gewesen: "Es gab gediegene Schätzungen, dass viele von denen, die zur Zahlung verpflichtet waren, tatsächlich nicht gezahlt haben. Ich weiß von jungen Menschen, die ein Gerät in ihrer kleinen Wohnung nutzten, aber nicht bezahlten, weil sie wenig Geld haben. So gewähnt man sich an die Illegalität. Das war pädagogisch der völlig falsche Weg". Die Reform habe also auch einen "erzieherischen Wert". Die grundsätzliche Daseins-Berechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunk leitet er unter anderem daraus ab, dass der Staat nur funktionieren könne, wenn die Bürger regelmäßig sachgerecht unterrichtet würden - das sei eine der Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender. Dass die Beitragspflicht nicht von der tatsächlichen Nutzung abhänge, sei nicht ungewöhnlich: "Bei den Anliegerbeiträgen zahlen auch die Gegner von Autos für den Ausbau von Straßen."

Den Plan, die Mehreinnahmen zu nutzen, um den Beitrag um 73 Cent zu senken, begrüßt Kirchhof. Es sei ein Signal, dass die Politik Wort halte: "In einer Zeit, in der alle nur über Wachstum reden, setzt die KEF ein Gegensignal des Maßes". Zugleich regt er aber an, statt der Beitragssenkung auch über eine Reduzierung der Werbung nachzudenken: "Die Mehreinnahmen werden nicht reichen, um die Werbung ganz abzuschaffen. Aber es besteht die Möglichkeit, die ungute Abhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom Einfluss der Privatwirtschaft zu lockern", so Kirchhof. Letztlich sollten ARD und ZDF dann komplett auf Werbung verzichten.

Von den Sendern verlangt er aber mehr Transparenz. Die Kosten beispielsweise für die Champions League zu nennen, sei  eine Frage der öffentlichen Aufklärung. "Es handelt sich um öffentlich-rechtliche, zwangsweise erhobene Gelder, und darüber muss lückenlos Rechenschaft abgelegt werden. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, dass der Beitragszahler voll über die Verwendung der von ihm aufgebrachten Mittel aufgeklärt wird.