Auf der Suche nach jüngeren Comedy- und Satire-Formaten ist der NDR im Internet fündig geworden - genauer gesagt bei der viel beachteten und mehrfach preisgekrönten Website "Der Postillon". Deren Web-TV-Format "Postillon24 - Wir berichten, bevor wir recherchieren" findet ab dem 25. April auch seinen Weg ins NDR Fernsehen. Freitags nach der Talkshow läuft dann um Mitternacht eine 15-minütige Ausgabe der Nachrichten-Satire, die bislang auf YouTube und Yahoo zu sehen ist. Der Sendeplatz zur Geisterstunde gehört zu den attraktivsten, die das NDR Fernsehen für diese Programmfarbe zu bieten hat.

"Wir haben gezielt eine ganze Reihe von Web-Angeboten gescannt, um den richtigen Kooperationspartner für uns zu finden", erklärt Marco Otto, Planungs- und Entwicklungschef des NDR Fernsehens. "Dass der 'Postillon' bisher noch keinen TV-Partner hatte, wollten wir dringend ändern." Und "Postillon"-Gründer Stefan Sichermann erklärt im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de, warum er den NDR als "ideales Sprungbrett" sieht: "Wir gehen davon aus, dass die 'Postillon24'-Nachrichten spätestens im kommenden Jahr täglich von 20 bis 20.15 Uhr im Ersten laufen werden."



Zunächst einmal sind sechs Folgen des von Anne Rothäuser und Thieß Neubert moderierten Formats im NDR Fernsehen geplant. Laut Otto und Sichermann gibt es jedoch bereits eine Option auf eine zweite Staffel, die wahrscheinlich noch in diesem Jahr auf den Sender gehen soll. Zudem reicht die Zusammenarbeit weiter: N-Joy, die junge Radiowelle des NDR, wird voraussichtlich ab Mitte Mai Hörfunk-Ausgaben von "Postillon24" in der Morningshow "Kuhlage & Hardeland" ausstrahlen. Und die "Postillon"-Beiträge sollen künftig auch auf NDR.de zu finden sein.

Sichermann lässt seine Kooperation mit Yahoo nach eigenen Angaben vorerst pausieren, um sich auf den NDR zu konzentrieren. In die Röhre guckt auch der private Radiosender ffn, der die "Postillon24"-Hörfunk-Nachrichten bislang in Norddeutschland verbreitet. Im Süden hat Sichermann seit Anfang 2013 das öffentlich-rechtliche Bayern 3 als Radiopartner. "Wir versuchen konsequent, alle logischen Kanäle eines Nachrichtenkonzerns zu bespielen, und kommen damit nun ein gehöriges Stück weiter", so Sichermann, der den "Postillon" 2008 ins Leben rief und seither u.a. mit dem Grimme Online Award, dem Deutschen Webvideopreis und vom "Medium Magazin" als "Journalist des Jahres" in der Kategorie Kultur/Unterhaltung ausgezeichnet wurde. Der "Postillon" bringt es auf 50.000 Besucher pro Tag und über 10 Millionen Seitenabrufe pro Monat.

Mit dem TV-Transfer geht eine weitere Professionalisierung einher. "Bisher machen wir fünf bis acht Minuten - je nachdem, wie viel uns gerade einfällt", erzählt Sichermann. "Im NDR wird die Sendung künftig immer 15-minütig. Das bedeutet mehr Material und mehr Arbeit." Als neue regelmäßige Elemente sollen etwa Korrespondentenschalten und ein Wetterbericht hinzukommen. Wie bisher stellt Sichermanns Postillon24 Media das Format gemeinsam mit der Düsseldorfer Produktionsfirma Orange Media Box her. NDR-Mann Otto verspricht den Machern größtmögliche redaktionelle Freiheit.

"Mit 'extra 3' hat der NDR die traditionsreichste Satire-Sendung im deutschen Fernsehen, die bei jüngeren Menschen und online sehr erfolgreich ist", lässt sich NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann zitieren. "Das wollen wir mit dem 'Postillon' ausbauen und freuen uns auf die einzigen Nachrichten bei uns im Programm, die man nicht ernst nehmen muss." Tatsächlich bietet auch "extra 3" ab Herbst eine zusätzliche Bühne für Sichermann. Er soll dort ein regelmäßiges "Postillon"-Fenster beisteuern, wenn der NDR sein Satiremagazin im Oktober ins Erste bringt.