Nachdem vor wenigen Wochen "Süddeutsche.de"-Chef Stefan Plöchinger in die Schlagzeilen geriet, weil viele "SZ"-Mitarbeiter ihn nicht als Mitglied in der Chefredaktion sehen wollten, platzte die "taz" mit der Nachricht herein, dass man die Online-Chefin Frauke Böger genau dorthin befördern wolle. Das neue Führungsduo um Ines Pohl und Andreas Rüttenauer war sich einig, auch der Vorstand war involviert und selbst der Redaktionsrat hatte bereits zugestimmt.
Nun wird Böger aber trotzdem nicht in die Chefredaktion aufsteigen. Grund dafür ist die Redaktionsversammlung, der alle festangestellen Redakteure, Autoren und Korrespondenten angehören. Sie verweigerten Böger am späten Mittwochabend ihre Zustimmung. Laut "Newsroom.de" sehr deutlich mit 40 zu 49 Stimmen. Zudem sollen sich sieben Wahlberechtigte enthalten haben.
Jetzt muss sich die "taz" eine neue, geeignetere Person suchen. Frauke Böger selbst reagierte sehr gelassen auf die fehlende Unterstützung und twitterte noch am Mittwochabend: "Mist. Wär ich mal zum Boxen gegangen heute Abend." Deniz Yücel, Redakteur bei der "taz", findet dagegen deutlichere Worte und nennt die Entscheidung "dumm und bräsig". Die Mitarbeiter hätten "Angst vor dem Internet", es herrsche eine "Diktatur des Mittelmaßes".
Für Frauke Böger wäre die Berufung in die Chefredaktion der vorläufige Höhepunkt einer steilen Karriere gewesen. Sie volontierte erst 2009 bei der "taz" und leitet seit Ende 2012, gemeinsam mit Julia Niemann, den Online-Auftritt des Tageszeitung.