Über die Berichterstattung in der Affäre Wulff wurde schon viel diskutiert, diverse Medien haben Übertreibungen eingeräumt. Da wundert es nicht, dass sich Christian Wulff in seinem Buch "Ganz oben, ganz unten", das er am Dienstag vorgestellt hat, ebenfalls kritisch äußert und sich in erster Linie als Opfer sieht. "Mir ist mehr Unrecht getan worden, als ich je Unrecht getan habe", sagte er bei seinem Auftritt in Berlin.

Medien und Justiz hätten sich gegenseitig die Bälle zugespielt. Dies sei eine "Gefahr für die Demokratie", meint Wulff. Dass er letztlich vor Vorwurf der Vorteilnahme freigesprochen wurde wiege die "mediale Vorverurteilung nicht auf", klagt Wulff, der insbesondere die "Bild"-Zeitung angeht. Das Blatt habe die Unschuldsvermutung vollständig missachtet und monatelnag in die untersten Schubladen gegriffen. In seinem Buch beschreibe er, wie der Springer-Verlag ihn von Anfang an verfolgt habe.

Der DJV will diese generelle Kritik nicht gelten lassen. "Von Ausnahmen abgesehen, haben die Journalistinnen und Journalisten in der sogenannten Affäre Wulff 2011/12 ihre Wächterfunktion ernst genommen“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Wulffs Freispruch vor dem Landgericht Hannover im Februar wie auch die Präsentation seines Buchs am heutigen Dienstag änderten nichts daran, dass es im Zusammenhang mit seiner Amtsführung als Bundespräsident Ungereimtheiten gegeben habe, denen die Medien nachgehen mussten.

„Auch aus heutiger Sicht ist Wulffs Anruf auf der Mailbox des 'Bild'-Chefredakteurs als versuchte Einflussnahme auf die Berichterstattung zu bewerten“, sagte Konken. Wulff selbst bezeichnete den Anruf als "verhängnisvoll" und räumte selbst Fehler ein. Er relativiert sie allerdings mit dem Zusatz "Wunderbar für jeden, der fehlerfrei ist".

Konken erklärt weiter: Ob sich das Staatsoberhaupt durch anfangs ungeklärte private Kreditgeschäfte möglicherweise in Abhängigkeit begeben habe, sei für die Öffentlichkeit durchaus von Belang gewesen. Konkren räumt ein, dass einige Kollegen in einigen Punkten über das Ziel hinausgeschossen seien. Das ändere aber nichts an der Notwendigkeit, über die Affäre zu berichten. Mit seiner Salami-Taktik habe der damalige Bundespräsident die Recherchen zudem selbst provoziert.