Gewohnheit macht Quote: "Beckmann"
Schon in der letzten Woche sorgte der ARD-LateNight-Talk "Beckmann" für Aufsehen: 3,71 Millionen Zuschauer wollten die "Schwarzwaldhaus 1092"-Familie im Gespräch mit Reinhold Beckmann sehen. Dies brachte dem Ersten einen Traummarktanteil von 25,1 Prozent zu später Stunde.Quote allein ist kein Garant für Qualität, dies ist in Deutschland spätestens seit "Big Brother" klar. Doch kann bei der Vielzahl von Talkshows der deutschen Fernsehlandschaft eine Show schlecht sein und trotzdem seit Monaten gute Quoten einfahren? Berufen sich nicht gerade die hartnäckigsten Kritiker gerne darauf, der Zuschauer sei im Grunde der schärfste Richter? Wenn dem so sei, dann ist "Beckmann" beim deutschen Fernsehpublikum angekommen. Und zwar regelmässig: Montag 23 Uhr.
Noch vor wenigen Monaten schlug eine Schlagzeile in der Branche hohe Wellen: Alfred Biolek räumt das Feld. Sandra Maischberger wurde schnell als Gastgeberin eines Nachfolgeformates ins Spiel gebracht, was sich wenige Wochen später als richtig herausstellte. Die Diskussion um den alt-ehrwürdigen Timeslot am späten Dienstagabend verkannte dabei die Tatsache, dass die ARD bereits längst dabei war, die Fans gepflegter Talkrunden an den Montagabend zu gewöhnen.
Nachdem das Konzept der Sendung "Beckmann" nach anfänglichen Schwierigkeiten überdacht wurde und die Zuschauer aus dem Studio verschwanden, wurde "Beckmann" zur allwöchentlichen Stunde der Offenbarungen. Diese waren mal von belangloser Natur, mal derartig interessant, dass gleich eine ganze Woche lang von Dieter Bohlens Geständnissen bei Reinhold Beckmann berichtet wurde.
Auch wenn die ARD selbst "Beckmann" als Unterhaltungssendung sieht, so hat der Gastgeber bzw. seine Redaktion keine Scheu vor Gästen unterschiedlichster Art: Ob Promotion in Sender-eigener Sache, Bedienung der aktuellen Klatsch-Bedürfnisse oder aber versucht intellektuelle Gesprächsrunden mit großformatigen Gästen wie Harald Schmidt, bei "Beckmann" ist das Profil der Gastgeber, nicht der Gast. Gewohnheit macht Quote.
Und obwohl sich der Zuschauer also lediglich sicher sein kann, wöchentlich Reinhold Beckmann zu sehen: Die Quoten steigen und steigen, egal wem Beckmann seine Fragen stellt. Am späten Montagabend sind für das Erste Marktanteile von weit über 20 Prozent kein ungewöhnliches Bild mehr. Wenn Zuschauer unabhängig vom Gast einschalten, dann zieht das Format, der Gastgeber und vorallem die Gewohnheit. Dies kann man kritisieren, muss man aber nicht. "Beckmann" will unterhalten, nicht intellektuell stimulieren.