Für die letzte Sendung der RTL-Reihe "Team Wallraff" recherchierten Wallraff und zwei Reporterkolleginnen undercover in Großküchen und dokumentierten darin teils reichlich unappetitliche Zustände. Unter anderem war das in Wuppertal ansässige Unternehmen Vitesca, das unter anderem Schulen und Kindertagesstätten beliefert, Ziel der Recherchen. Wenig später meldete sich das betroffene Unternehmen auf seiner Website und mit einem Video ausführlich zu Wort und wies die "schmutzigen Angriffe" und "üblen Beschuldigungen", wie man sie seitens Vitesca bezeichnet, barsch zurück.
"Wenn es um gesundes, leckeres und vor allem sicheres Essen für Schulen und Kindertagesstätten geht, um Hygiene in der Großküche oder um Qualität bei den Zutaten, dann macht uns keiner so schnell etwas vor. Naja - fast keiner. Denn ein gewisser Günter Wallraff hat mit angeblichen Enthüllungen zugeschlagen, die uns erst einmal entsetzt und sprachlos gemacht haben. Entsetzt, weil die gezeigte Mischung aus selektiven Aufnahmen, hanebüchenen Behauptungen und einem geschickten Schnitt auf einen Schlag all unsere Werte in Frage stellt, für die wir seit vielen Jahren stehen und für die uns Kunden aus ganz Deutschland aus gutem Grund vertrauen", heißt es in dem Video "Mit Hygiene-Fakten gegen die Fischstäbchen-Lüge".
Auch in einem längeren Text auf der Website spricht man von einem "Zerrbild", das "die Realität in weiten Teilen auf den Kopf" stelle. Dort bestreitet man unter anderem, verdorbene Lebensmittel zu verarbeiten. Im Beitrag war gezeigt worden, dass Gurken, die später von Experten als nicht mehr verkehrsfähig eingestuft wurden, zu Salat verarbeitet wurden. Vitesca erklärt, dass es bei Gurken-Lieferungen regelmäßig zu einem kleinen Teil Ausschuss komme, der dann an den Händler zurückgegeben würde. "Für das Fernsehen wurden leider Bilder von den am schlechtesten aussehenden Exemplaren mit Zitaten des Mitarbeiters in einen Zusamenhang gesetzt, der den Eindruck erweckt hat, es würde verdorbenes Gemüse verarbeitet werden. Das ist falsch."
Auch weitere Behauptungen aus der "Team-Wallraff"-Reportage bestreitet Vitesca. RTL hat darauf bereits am vergangenen Freitag mit der Mitteilung "RTL widerspricht Vitesca in allen Punkten" reagiert. Zur Gurken-Problematik erklärt Reporterin Stefanie Albrecht beispielsweise: "Ich habe den zuständigen Mitarbeiter mehrmals gefragt, ob diese tatsächlich noch verarbeitet werden sollen und darauf hingewiesen, dass ich diese gammeligen Gurken, teilweise mit Schimmelbefall, nicht mehr nehmen würde. Seine Antwort: ‘Ich würde sie zuhause auch nicht mehr nehmen, aber schneide das mal weg! Die geht schon noch‘. Diese Szenen wurden nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Das belegt entsprechendes, noch nicht ausgestrahltes Videomaterial. Es kann sein, dass Vitesca gammelige Gurken an anderen Tagen an den Händler zurücksendet. An besagtem Tag wurden sie definitiv verarbeitet."
Besagtes ungesendetes Videomaterial habe man Vitesca auch zugänglich machen wollen. Vitesca-Geschäftsführer Jan Reimann sei zu einem Gespräch und der Sichtung des Videomaterials eingeladen worden, habe darauf bislang allerdings nicht reagiert, heißt es bei RTL. Vitesca erklärt auf DWDL.de-Anfrage, dass man derzeit keine Basis für Gespräche mit der Redaktion oder RTL sehe, weil das Vertrauen in eine neutrale Berichterstattung nach der Ausstrahlung der Sendung erschüttert sei.
Da Vitesca auf seiner Website weiter bei seiner Darstellung bleibt, sieht sich RTL wiederum nun zum Handeln gezwungen. In einem Schreiben an Vitesca vom Mittwoch heißt es: "Selbstverständlich haben wir Verständnis dafür, dass Sie Behauptungen von uns hinterfragen, jedoch können und werden wir nicht zulassen, dass Sie durch Ihre Pressemitteilung unsere aufgedeckten Fakten, die wir eindeutig und unzweifelhaft beweisen können, entsprechend als falsch und manipuliert darstellen. (...) Wie bereits vorgehend mehrfach aufgeführt, können wir sämtliche unserer im Beitrag getätigten Aussagen umfangreich und unzweifelhaft belegen. Wir fordern Sie daher auf, Ihre Pressemitteilung um vorgenannte falsche Darstellungen umgehend – bis spätestens zum 18.06.2015, 17.00 Uhr – zu löschen bzw. zu korrigieren. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, entsprechende diesbezügliche rechtliche Ansprüche geltend zu machen."
Die Frist läuft nun also bis zum Donnerstagabend. Am Mittwochmittag war aus der Zentrale in Wuppertal allerdings zu hören, dass man keine Veranlassung sehe, an seiner Darstellung der Sachverhalte etwas zu ändern. Zudem behalte man sich auch rechtliche Schritte gegen RTL vor.
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