Die nationalen Medien taten sich in den ersten Tagen des Jahres zunächst schwer damit, über die Zwischenfälle in der Silvesternacht in Köln zu berichten. So entschied sich etwa das ZDF selbst am Montag noch gegen eine Berichterstattung in der Hauptausgabe der "heute"-Nachrichten. Inzwischen hat der Sender diese Entscheidung als "klare Fehleinschätzung" bezeichnet - doch vom Tisch ist das Thema damit noch nicht.

In der "Bild"-Zeitung äußerte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer die Hoffnung auf eine Klärung im ZDF-Fernsehrat. "Ein mit den Gebühren von uns allen finanzierter Sender darf so abscheuliche Gewalttaten nicht totschweigen", sagte der Politiker. "Die CSU verlangt, dass das ZDF das Versagen der 'heute'-Redaktion im nächsten Fernsehrat klärt." Zugleich kritisierte Scheuer die "heute+"-Redaktion, die die Zuschauer gefragt hatte, wie über die Vorfälle berichtet werden soll. "Statt Social-Media-Umfragen zu veranstalten, sollte die Berichterstattung sich Klarheit und Wahrheit verpflichtet fühlen."

"Es war ein redaktionelles Versäumnis, dass die 19-Uhr-'heute'-Sendung am Montag nicht über die Vorfälle in Köln berichtet hat. Das hat der stellvertretende Chefredakteur bereits öffentlich eingeräumt", ließ das ZDF nun noch einmal gegenüber DWDL.de ausrichten. "Es ist das Recht des Fernsehrats und seiner Mitglieder, das zu thematisieren. Dabei wird die gesamte Berichterstattung des ZDF über das Thema zu betrachten sein. Auf der Website heute.de sowie im 'heute-journal' und bei 'heute+' war das Thema am Montag aufgegriffen worden."

Zudem habe man die Übergriffe in Köln am Dienstag und Mittwoch "facettenreich dargestellt" und werde zudem an diesem Donnerstag ein weiteres "ZDF Spezial" ins Programm nehmen. Auch die ARD hat nun einen "Brennpunkt" in Aussicht gestellt. Ab 20:15 Uhr wird sich die Sondersendung mit dem Thema "Kölner Polizei - Das Protokoll der Überforderung" befassen.

Doch nicht nur die zunächst zurückhaltende Berichterstattung, die ganz sicher auch ein Stück weit auf die zunächst von der Polizei falsch eingeschätzte Lage in der Silvesternacht zurückzuführen ist, erregt in diesen Tagen die Gemüter. Auch die Frage, wie über die mutmaßlichen Täter berichtet werden soll, sorgte für Kritik. So sprach der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bereits von einem "Schweigekartell" und spekulierte über "Nachrichtensperren", sobald es um Vorwürfe gegen Ausländer gehe. Die "FAZ" empfand, in den Berichten schwinge "vor allem ein Misstrauen gegenüber dem Publikum mit, das die von Opfern und Zeugen übereinstimmende Beschreibung der Täter - aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum stammend - in einen falschen Zusammenhang bringen könnte".

Gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de wies ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke diese Vorwürfe zurück. "Generell gibt es bei ARD-aktuell keine Nachrichtensperren. Von einem 'Schweigekartell' kann angesichts der Berichterstattung von 'Tagesschau' und 'Tagesthemen' keine Rede sein", sagte Gniffke am Donnerstag. "ARD-aktuell geht mit diesem Ereignis so unabhängig und unvoreingenommen um wie mit anderen Themen auch. So berichtete die 'Tagesschau' an dem Tag, an dem die überregionale Bedeutung der Vorfälle klar wurde, über das 'arabische oder nordafrikanische Aussehen' der Tatverdächtigen."

Mehr zum Thema