Die umstrittenen Maßnahmen der neuen polnischen Regierung, die vor allem ein neues Mediengesetz und eine Justizreform umfassen, beschäftigen nun auch die EU-Kommission. Sie hat ein Verfahren gegen Polen eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zu überprüfen. Der stellvertretende EU-Kommissionschef Frans Timmermans sprach Medienberichten zufolge von einer ernsten Gelegenheit, dass nach den vorliegenden Informationen verfassungsrechtliche Regeln nicht befolgt worden seien. Mit der Überprüfung sollen Fakten geklärt werden, betonte der Politiker.

"Unser Ziel ist es, die Probleme zu lösen und nicht, jemanden zu beschuldigen oder polemisch zu sein", erklärte Timmermans, der zugleich auf die vertragliche Verpflichtung, die Rechtsstaatlichkeit zu überprüfen, hinwies. Die EU-Kommission macht damit Gebrauch von einer 2014 eingeführten Regelung. Es handelt sich um ein mehrstufiges Verfahren, an dessen Ende Polen im Falle der Feststellung von Verstößen ein Entzug der Stimmrechte im EU-Rat stehen könnte.

Bislang bestimmte der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen über die Besetzung der Spitzen von Telewizja Polska und Polskie Radio. Die bisherigen Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder verlieren mit Inkrafttreten der Reform ihren Posten. Über die Besetzung und bei Missfallen auch Absetzung entscheidet fortan nur noch der Schatzmeister aus der polnischen Regierung - die Auswahlkriterien sind damit nicht mehr durchsichtig. Die Sender sollen gemäß der Pläne nicht mehr als öffentliche Medien auftreten, sondern in "nationale Medien" umgewandelt werden und sich der Vermittlung von Patriotismus widmen.

Zu Jahresbeginn hatte es bereits mehrere Rücktritte führender Senderverantwortlicher gegeben. Wenige Tage später war der stellvertretende Kulturminister Jacek Kurski zum Intendanten des staatlichen Fernsehsender TVP ernannt worden.

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