"Wir haben wahnsinnig viel gelernt", sagt Ralf Gerhardt. Was der Programmchef des Disney Channels meint, ist schnell klar: Fast zwei Jahre hatten die kleinen und großen Zuschauer Zeit, sich an den Sender im Free-TV zu gewöhnen – und genauso konnte Disney in dieser Zeit herausfinden, was bei seinem Publikum ankommt und vor allem, was nicht. "Es ist Wahnsinn, wie anders wir den Sender heute sehen", betont Gerhardt, der zugleich von einer "rasanten Reise" spricht, auf die sich der Disney Channel begeben habe. Für einen Platz ganz vorne reicht es aber trotzdem nicht: Während Super RTL und der öffentlich-rechtliche Kika tagsüber mit Marktanteilen um 20 Prozent in der Kernzielgruppe der 3- bis 13-Jährigen unterwegs sind, lag Disney zuletzt bei rund zehn Prozent auf dem dritten Platz der Kids.

Vereinzelt ist allerdings auch mal deutlich mehr drin: So gelang "Miraculous" im Frühjahr der bislang erfolgreichste Serien-Start, sodass die Hoffnungen bei Disney entsprechend groß sind, wenn die europäische Produktion Ende des Monats ins Programm zurückkehren wird. "Die Garde der Löwen" verzeichnete zum Start am Sonntagvormittag sogar fast 20 Prozent Marktanteil, obwohl Super RTL seine quotenträchtigen "Drachen" dagegen laufen lief. Und mit "Violetta" konnte der Disney Channel am Vorabend inzwischen sehr erfolgreich die bisweilen arg anstrengende Telenovela-Farbe etablieren, die mit der Rollschuh-Soap "Soy Luna" bereits weitergesponnen wurde. Mit "The Lodge" steht ab dem 18. November jeweils freitags noch mehr Telenovela-Nachschub bereit, um den Schwung mitzunehmen, wie Ralf Gerhardt sagt.

Und dann ist da auch noch die kanadische Serie "Backstage", die ein Stück weit in der Tradition von "Fame" steht und im Dokutainment-Stil produziert wird. Weil hiervon bereits relativ viele Folgen vorliegen, kann Disney seinen Zuschauern im Erfolgsfall schnell Nachschub liefern. Richtig verrückt wird es jedoch im Frühjahr, wenn eine Serie namens "Bizaardvark" Einzug ins Programm halten soll. Ralf Gerhardt spricht in diesem Zusammenhang von einem "sehr schrägen Experiment", zu dem gewissermaßen auch die Versteckte-Kamera-Show "SchreckAttack" passt, deren Ausstrahlung ebenfalls im Frühjahr erfolgen soll. Weitere Daytime-Neustarts hat man unter anderem mit den neuen "Powerpuff Girls", "Elena von Avalor" und "Star Wars: Die Abenteuer von Freemaker" parat.

Deutlich jüngere Zuschauer will der Sender auch weiterhin mit seinem Vorschulprogramm am Vormittag erreichen, wo zusätzlich zu den Programminvestitionen ein On-Air-Rebranding vorgesehen ist - die Micky-Maus-Ohren erhalten hier deutlich mehr Präsenz. Gleichzeitig will der Sender aber auch sein Engagement im Bereich der Eigenproduktionen verstärken und im nächsten Jahr unter dem Titel "Disney Channel Magic Room" eine Art "Disney Club 2.0" starten. Noch steht allerdings nicht fest, wer die einstündige Sendung produzieren oder moderieren wird. Die Ziele sind jedoch schon mal klar formuliert: Einerseits geht es um eine direkte Zuschaueransprache, andererseits aber auch um die Möglichkeit, Sendergesichter zu etablieren - daran mangelt es dem Disney Channel bisher nämlich.

Neue Eigenproduktionen, spätere Plätze für Serien

Als weitere Eigenproduktion stellt Disney eine Daytime-Show namens "An die Töpfe, fertig, lecker" in Aussicht, die als eine Art Cross-Over aus Kochen und Comedy daherkommen soll. Hierbei handelt es sich um die Adaption eines Formats, das man in Spanien entdeckt hat. In der Primetime soll's derweil weiterhin Steven Gätjen richten, der ab dem 14. November mit neuen Folgen der Rankingshow "Disney Magic Moments" an den Start gehen wird - auf dem neuen Sendeplatz am Montagabend. Für 2017 befindet sich aktuell außerdem noch ein Quiz-Ableger in der Entwicklung.

Derzeit tut sich der Disney Channel zum Start in die Woche noch mit der neuen US-Serie "Finding Carter" schwer. Vor allem hinsichtlich der Programmierung von Serien steht jedoch eine Änderung der Strategie ins Haus. "Die Zuschauerresonanz zeigt uns, dass unsere Library mit kultigen Serien deutlich besser läuft als neuer Serien-Stoff", sagt Ralf Gerhardt und will Neues wie "Switched at Birth" oder "The Fosters" in Zukunft nicht mehr um 20:15 Uhr zeigen, sondern nach Filmen. Mit denen fährt der Sender insbesondere am Freitag- und Samstagabend gut. Filme sollen es ab Anfang 2017 aber auch sonntags richten, wenn man die "Gilmore Girls" an Netflix verliert. Anstelle frischer Hollywood-Ware sollen es hier künftig Klassiker "Casablanca", "Frühstück bei Tiffany", "Love Story" oder eine neue Version von "Sound of Music" richten - "ohne Operettengedudel", verspricht Gerhardt, der die Programmierung von Filmen aus den 50ern und 60ern als "Wagnis" erachtet und hier eine echte Nische besetzen möchte.

Dennoch will der Disney Channel auch in Zukunft nicht die Finger von neuen Serien lassen. Große Quoten-Hits hat man allerdings erst mal nicht parat: So wurde das Comedy-Drama "Hindsight" in den USA nach nur einer Staffel eingestellt. Mut beweisen die Disney-Macher aber vor allem mit "Galavant", einer schrägen Musical-Comedyserie, die es auf immerhin zwei Staffeln brachte und mit ihrem Ritter- und Burgen-Setting zumindest ein paar Anknüpfungspunkte an die Disney-Welt besitzt.