Seit rund eineinhalb Wochen befindet sich Deniz Yücel nun schon in der Türkei in Haft. Dem "Welt"-Korrespondenten wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Organisation zu sein. Die türkischen Behörden sprechen zudem von Datenmissbrauch und Terrorpropaganda. Hintergrund: Yücel hatte, wie viele andere Journalisten, über eine Hacker-Attacke auf das Mail-Postfach des türkischen Energieministers berichtet (DWDL.de berichtete). Anfang dieser Woche wurde das Polizeigewahrsam verlängert - und auch jetzt ist Yücel im Rahmen der Ermittlungen noch immer nicht angehört worden.

Beim Auswärtigen Amt sorgt dieses Vorgehen der türkischen Behörden für Unverständnis. Man wisse nichts über ein Fehlverhalten Yücels, so ein Ministeriumssprecher. Es gebe "nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür", dass der Journalist seine Tätigkeit missbraucht habe. Vielmehr sei er engagiert seiner Arbeit nachgegangen. "Und wir hoffen und erwarten, dass eine Entscheidung durch die zuständigen türkischen Justizbehörden gefällt wird, die dem Rechnung trägt, und zwar so schnell wie irgend möglich."

Weil in der Türkei derzeit der Ausnahmezustand herrscht, dürfen Gefangene bis zu 14 Tage ohne Anhörung in Polizeigewahrsam festgehalten werden. Diese Frist verstreicht am kommenden Dienstag. Dann muss Yücel einem Haftrichter vorgeführt werden. Der entscheidet dann, ob der Journalist frei kommt oder in Untersuchungshaft muss. Das Auswärtige Amt fordert nun mehr Tempo in den Ermittlungen. Es gebe keinen Grund, warum Yücel noch nicht vernommen worden sei. Der Fall werde "nicht einfacher und auch nicht leichter dadurch, dass man ihn weiter in die Länge zieht".

Inzwischen haben sich mehr als 150 Bundestagsabgeordnete zusammengetan und für Yücel stark gemacht. In einem offenen Brief haben sie den türkischen Botschafter dazu aufgerufen, sich für eine schnelle Freilassung des Journalisten einzusetzen. "Wie es bei jedem freien Journalisten und kritischen Geist der Fall ist, erregt seine Arbeit Anstoß. Es ist der Anstoß des freien Denkens und der offenen politischen Debatte", heißt es in dem Schreiben, den sich Bundestagsabgeordnete aller Parteien angeschlossen haben.