"Eigentlich sind wir eine 'Consumer-Company', wie die Amerikaner es nennen würden." So stellt der ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzende Thomas Ebeling sein Unternehmen im Interview mit dem "Handelsblatt" (Mittwochs-Ausgabe) dar. "Wir erschaffen Marken und stehen dabei auf zwei Säulen: Die eine ist Entertainment, also Unterhaltung. Die andere hat ihren Fokus auf Consumer-Services und Lifestyle. Diese beiden Segmente befeuern sich gegenseitig: Wir haben durch unsere Beteiligungen Zugang zu wertvollen Daten und können auf dieser Basis bessere Werbeprodukte entwickeln. Gleichzeitig bieten wir unseren Werbekunden neue digitale Absatzplattformen und Kooperationsmöglichkeiten an."

Auf die Frage, wo er ProSiebenSat.1 in zehn Jahren sieht, hat Ebeling indes keine klare Antwort. "Keiner kann heute schon sagen, wie das Unternehmen in zehn Jahren aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir uns immer weiterentwickeln müssen. Denn Fernsehen an sich ist kein Geschäft mehr mit zweistelligen Wachstumsraten. Unsere anderen Säulen, die wir ausbauen, hingegen schon." Welche Rolle das Reisegeschäft künftig spielen wird, ließ der ProSiebenSat.1-Boss zunächst offen und betonte zugleich, als Reaktion auf den sich verändernden Markt derzeit "alle strategischen Optionen" zu prüfen. "Das kann ein Verkauf sein, es kann aber auch sein, dass wir uns Partner dazuholen."

Gleichzeitig drängt ProSiebenSat.1 inzwischen auch vermehrt mit eigenen Produkten in den Handel - so gibt es etwa Waren des Erotik-Shops Amorelie bereits in dm-Märkten zu kaufen. Den eigenen Werbekunden möchte Ebeling allerdings keine Konkurrenz machen, wie er im "Handelsblatt" klarstellt, weil man derartige Massenmärkte nicht beherrsche. "Aber Nischen für spezielle Zielgruppen sind interessant. Das könnte etwa medizinische Kosmetik sein, funktionale Ernährung oder Telemedizin." Bereiche also, für die aktuell nicht geworben werde. Lohnen soll sich auf Dauer auch das VoD-Geschäft: "So lange ich taktische Synergien sehe und die Verluste überschaubar sind, bleiben wir drin. Ende des Jahres wollen wir mit Maxdome profitabel sein. Das gilt."

"Ich glaube nicht, dass Stefan Raab in naher Zukunft zurück vor die Kamera will."
Thomas Ebeling im "Handelsblatt"

Dass zuletzt gleich mehrere Führungskräfte das Unternehmen verließen, scheint Thomas Ebeling unterdessen nicht zu stören. "Da gibt es eine gewisse zeitliche Häufung, das stimmt", räumt er ein. "Das ändert aber nichts daran, dass die Fälle inhaltlich nichts miteinander zu tun haben. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir fast alle Vorstände in relativ jungen Jahren intern auf ihre Position entwickelt haben. Mit dieser Strategie sind wir extrem erfolgreich." Es sei umgekehrt aber "nicht ungewöhnlich, wenn ein relativ junger Vorstand noch einmal etwas anderes machen möchte". Zu einem anderen bekannten Kopf, nämlich Stefan Raab, hat Ebeling übrigens noch Kontakt, wie er sagt: "Man redet über Ideen und über mögliche gemeinsame Projekte. Ich glaube aber nicht, dass Stefan Raab in naher Zukunft zurück vor die Kamera will." Konkrete Ankündigungen gibt es zudem nicht.

Angesprochen auf die gesunkenen Quoten seiner Fernsehsender, antwortete der Vorstandsvorsitzende ausweichend. Quoten seien "ein ständiges Auf und Ab", erklärt Ebeling und verweist diesem Zusammenhang auch auf den sich fragmentierenden Markt. Seiner Meinung nach wird es aber auch in Zukunft Formate geben, die Marktanteile von 20 Prozent erreichen. "Eine Gesellschaft braucht auch solche Leuchttürme - Formate mit 'Talk of the Town'-Potenzial", sagt der ProSiebenSat.1-Boss, der auf linearem Wege übrigens eigenen Aussagen zufolge "Germany's next Topmodel" schaut. "Einfach, weil man da immer noch am besten nachempfinden kann, wie der normale Verbraucher das Programm erlebt - mit den Werbepausen, dem Konkurrenzprogramm und der schlichten Frage: Unterhält mich das überhaupt?"