Als sich ProSiebenSat.1 2010 von seinem Nachrichtensender trennte, übernahmen das Management um Torsten Rossmann sowie Stefan Aust selbst die unternehmerische Verantwortung und den Nachrichtensender. Rossmann weiß also, was es heißt, ohne großen Konzern im Rücken auf dem deutschen Fernsehmarkt bestehen zu müssen. Das war ganz offensichtlich kein ganz leichtes Unterfangen: "Ich wäre sehr zögerlich, zu Senderneugründungen zu raten", sagte er auf dem Kongress der ANGA COM als über das Thema "Anbietervielfalt" diskutiert wurde.

"Um überleben zu können, brauchen Sie Marktanteile um ein Prozent – das schaffen in Deutschland 29 Sender und nur sieben davon gehören nicht zu den Öffentlich-Rechtlichen, der Mediengruppe RTL oder ProSiebenSat.1 – das ist eigentlich Antwort genug", so Rossmann, der mit N24 inzwischen auch wieder bei einem Konzern – der Axel Springer SE – untergeschlüpft ist. Aus Sicht der kleineren Sender werden diese im Vergleich zu den großen Sendergruppen systematisch benachteiligt.

"Wenn wir über Anbietervielfalt sprechen, dann muss ein neues Angebot auf einen Regulierungsrahmen stoßen, der ihm überhaupt eine Chance gibt", beklagt auch Matthias Kirschenhofer von Sport1 Media. Realität sei aber, dass die großen Sendergruppen nicht nur einen weit überdurschnittlichen Teil des Werbekuchens abbekommen – 50 Prozent Zuschaueranteil stehen 80 Prozent Werbeanteil gegenüber, so Torsten Rossmann – sondern hinsichtlich Auffindbarkeit, Entgelten und Zugang auch noch bevorteilt würden, respektive die kleineren Anbieter diskriminiert.

"Wir zahlen Einspeiseentgelte, die Öffentlich-Rechtlichen nicht", ähnlich sieht es bei großen privaten Sendergruppen aus, so Kirschenhofer. "Chancengleichheit herrscht doch nicht im Entferntesten!" Auch beim Thema Auffindbarkeit sieht man sich benachteiligt, etwa wenn es um die Vorsortierung der Senderlisten geht, die von den meisten Nutzern nicht geändert werde. Kirschenhofer fordert objektive Kriterien, nach denen diese Sortierung vorgenommen wird. Probleme, die man auch bei der Medienaufsicht erkannt hat – der allerdings teils die Hände gebunden sind. BLM-Präsident Siegfried Schneider betonte, dass man sich für einen diskriminierungsfreien Zugang für kleine Sender einsetze – dass man dafür aber erstmal teils auf juristischem Wege versuchen müsse, Einblick in Verträge und Konditionen zu bekommen, weil nur so überhaupt geprüft werden könne, wo eine Diskriminierung vorliegt.

Trotz all dieser Probleme halten sich viele kleinere Anbieter erfolgreich am Markt – mit unterschiedlichen Strategien. N24 wurde inzwischen bekanntlich von Springer übernommen, wo ein integrierte Medienmarke WeltN24 geschaffen wird. "Wir stehen im Wettbewerb mit allen Nachrichtenanbietern, nicht nur im Fernsehen. Das alleine mit unserem damaligen TV-Zielgruppenmarktanteil von um 1 Prozent zu finanzieren, erschien uns nicht möglich." Nun sei man Wachstumssieger in seinem Segment was Reichweiten anbelangt und habe auch in Sachen Digitalwerbung deutlich zugelegt. Auch mit dem Start von N24 Doku zeigt sich Rossmann zufrieden.

Bei Sport1 hat man es unterdessen als besondere Bürde noch mit einem "Sportrechtemarkt on fire" zu tun, wie Kirschenhofer es ausdrückte. Dort fährt man angesichts vieler neuer Player wie Discovery, Amazon, DAZN und Telekom die Strategie, sich für Kooperationen und Partnerschaften anzubieten, die man beispielsweise mit der Telekom und DAZN ja auch schon abgeschlossen hat. Tatsächlich kann Sport1 dabei von Pay- über Free-TV bis Online-Auswertung die gesamte Palette anbieten.

Während man bei Sport1 bei jedem Sportrecht "mit Spitzer Feder" nachrechne, ob es sich refinanzieren lasse, fährt man bei Discovery mit der Finanzkraft des weltweit tätigen Konzerns im Rücken eine offensivere Strategie. Daran, dass es zu einer "Hyperinflationierung" bei den Preisen für Sportrechte gekommen sei, wie Susanne Aigner-Drews es ausdrückte, ist ihr Konzern mit dem Erwerb von Olympia- und Bundesliga-Rechten nicht ganz unschuldig. Bei beidem komme es nicht auf die direkte Refinanzierung an: "Man darf das nicht isoliert betrachten", so Aigner-Drews, vielmehr haben die Investitionen einen strategischen Hintergrund. Das ganze Portfolio solle so auf ein neues Level gehoben werden – sprich: über Olympia hinaus sollen die Sender besser wahrgenommen werden – was dann allgemein zu höheren Quoten und damit mehr Werbeeinnahmen sorgen soll. Es wird spannend sein zu beobachten, ob diese Strategie aufgeht.