Der Aufsichtsrat der Weinstein Company hat am Sonntagabend in einem Brief an das Bieterkonsortium, das über die Übernahme des Unternehmens verhandelt hatte, die Anmeldung der Insolvenz des Unternehmens angekündigt. Zuvor waren die Gespräche mit den Investoren zu Ende gegangen, ohne dass es zu einer Einigung kam. Der Verkauf scheiterte letztlich daran, dass die Investorengruppe nicht bereit war, dem Unternehmen unverzüglich finanzielle Mittel als Zwischenfinanzierung zur Verfügung zu stellen, um die Gehälter der Angestellten zahlen zu können. Ohne dieses Geld bleibe dem Unternehmen nun nichts anderes übrig als Insolvenz anzumelden.

Dass die Weinstein Co. nicht mehr allein überlebensfähig sein würde, stand schon länger fest. Direkt nach Bekanntwerden der unzähligen Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe durch Harvey Weinstein, versuchten andere Personen und Unternehmen größtmögliche Distanz zwischen sich und Weinstein sowie dessen Firma zu bringen und brachen die Zusammenarbeit ab. Produktionen wurden seither keine mehr veröffentlicht. Harvey Weinstein selbst wurde zwar wenige Tage nach Bekanntwerden der Vorwürfe gefeuert, beruhigt hat das die Situation aber nicht. Die Weinstein Co. befindet sich in zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen - mit den Opfern auf der einen Seite, aber auch Harvey Weinstein selbst geht gegen sein einstiges Unternehmen vor.

Einzige Überlebenschance für die Weinstein Co. war zuletzt noch eine Übernahme. Die stand tatsächlich kurz vor dem Abschluss - bis der New Yorker Generalstaatsanwalt vor gut zwei Wochen ankündigte, Klage gegen das Unternehmen zu erheben, weil dieses die Taten Weinsteins ermöglicht oder nicht verhindert habe. Auch David Glasser, der nach Harvey Weinsteins Ausscheiden an die Spitze des Unternehmens aufgestiegen war, wurde namentlich beschuldigt. Glasser wurde in der Folge ebenfalls gefeuert - und verklagt seinerseits das Unternehmen daher nun auf 85 Millionen US-Dollar.

In dem Brief, den "Deadline" in voller Länge veröffentlicht hat, zeigt sich der Weinstein-Aufsichtsrat zutiefst enttäuscht von der Investoren-Gruppe. Man habe sich an alle Auflagen, die die New Yorker Staatsanwaltschaft und die Investoren gemacht hätten, gehalten - dass die Investoren anders als zunächst angekündigt trotzdem nicht bereit gewesen seien, die Zwischenfinanzierung zu stemmen, zeige, dass diese niemals ernsthaft am Erhalt der Weinstein Co. und der Arbeitsplätze interessiert gewesen seien.

Harvey Weinstein gehörte bis zum Bekanntwerden der zahlreichen Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe zu den profiliertesten Produzenten Hollywoods. Gemeinsam mit seinem Bruder Bob hatte Harvey Weinstein die Weinstein Co. 2005 gegründet, nachdem sie ihre vorherige Firma Miramax Films an Disney verkauft hatten. Die Weinstein Co. produzierte zahlreiche Kassen- und Kritikerschlager wie "Django Unchained", "The King's Speech" und "Inglorious Basterds". Fürs Fernsehen produzierte das Unternehmen Reality-Formate wie "Project Runway" und in jüngerer Vergangenheit auch Serien wie "Marco Polo" für Netflix.