Fußball und Factual Entertainment gehören in der laufenden Saison ganz klar zu den Prioritäten des Digitalspartenaufsteigers Nitro, der stolz darauf ist, inzwischen zur Top 10 der deutschen TV-Sender zu gehören. Nitro profitiert nicht nur davon, dass sich die Mediengruppe RTL die Free-TV-Rechte für die Europa League gesichert hat und kann regelmäßig Live-Spiele samt Begleitmagazin zeigen. Parallel dazu traut sich das Team um Senderchef Oliver Schablitzki auch zu, eine eigene Handschrift im Dokumentarischen zu entwickeln – und testet, wie Experimental-Dokus bei den Nitro-Zuschauern ankommen.

Während sich die bereits angelaufene dokumentarische Begleitung des Erstligisten Eintracht Frankfurt durch die Europa League („Countdown für Europa“, DWDL.de berichtete) in Grundzügen an einem belgischen Format orientiert, kommt das neu angekündigte „FC Arbeitslos – Zurück ins große Spiel“ ohne Vorbild aus. Die sechsteilige Reihe begleitet Fußballer, die gerade nicht im Rampenlicht stehen, sondern – ganz im Gegenteil – bei keinem Verein mehr unter Vertrag sind. Und alles dafür tun wollen, das wieder zu ändern.

Dabei helfen soll das Proficamp der Spielergewerkschaft VDV, in dem sich die Profis fit halten. Die Nitro-Kamera begeleitet die Fußballer bei Trainings und Testspielen und lässt sie vom Druck, den eigenen ehrgeizigen Zielen und dem manchmal schwierigen Alltag erzählen. Dabei wirft die reihe auch einen Blick ins Privatleben ihrer Protagonisten – und begleitet sie im Zweifel auch bis aufs Arbeitsamt. Oder in ihren neuen Verein.

Zu Wort kommen außerdem Camp-Trainer Peter Neururer (ehemals VfL Bochum), Co-Trainer Frank Heinemann und Spielerberater Stefan Brasas. Die Idee zur Reihe stammt vom Ex-Nationalspieler Marco Bode, der auch als Koproduziert (Nordisch TV) an Bord ist. Nitro-Chef Schablitzki sagt, man wolle die „Faszination Fußball in all ihren Facetten“ im Programm zeigen. „FC Arbeitslos“ läuft montags um 21.15 Uhr vor „100 Prozent Bundesliga“, erstmals am 29. Oktober.

FC Arbeitslos – Zurück ins große Spiel© MG RTL D / Frank W. Hempel


Bereits an diesem Sonntagnachmittag um 17.35 Uhr zur „Nitro-Primetime“ (Schablitzki) läuft das zweite Doku-Experiment, für das sich Schauspieler Florian Lukas („Weissensee“) einen Tag als Hochseefischer versucht – auf einem Fischkutter vor Fehmarn bei Windstärke 5. In „Die Abenteuer des Herrn Lukas“ schlüpft der Berliner ausnahmsweise mal in keine Rolle, sondern kriegt von seiner Agentin per Telefon den Auftrag, sich auf eine vorzubereiten. Indem er per Blitzverfahren Seetauglichkeit erwirbt.

Der vermeintliche Auftrag ist die (gespielte) Klammer für das Abenteuer, der ganze Rest ist echt: Um Punkt 3 Uhr in der Früh meldet sich Lukas auf dem Kutter von Fischer Dirk und lernt in den darauffolgenden Stunden nicht nur, wie man Netze einholt, Fangquoten einhält, auf offenem Meer Fische schlachtet und wieso fangfrischer Fisch niemals mit Zitrone serviert wird. Sondern auch, dass das ganz schön anstrengend ist, den kompletten Arbeitstag im permanenten Schaukelzustand zu verbringen – vor allem wenn man nach der Rückkehr im Hafen den eigenen Fang auch noch verkaufen soll.

Getrieben von Lukas’ ehrlicher Neugier auf seine Protagonisten und den ungewohnten Job ist eine sehr sehenswerte Reportage entstanden, die Nitro prima zu Gesicht steht. Ganz so fern ist dem Berliner die Lust, sich in Neuem auszuprobieren, ja ohnehin nicht. Für die  Vorbereitung auf seine Rollen schaut sich Lukas tatsächlich regelmäßig bei Profis ab, wie die ihre Jobs erledigen – um dem nachher vor der Kamera auch gerecht werden zu können.

Der Nitro-Ansatz: Doku by Doing

Lukas sagt: „Die Vorbereitung macht für mich einen großen Teil des Reizes am Filmemachen aus. Mit Stefan Wieduwilt als Produzent ist daraus die Idee entstanden: Lass uns das doch mal mit Kamera versuchen – und ohne Film hinterher.“ Zum Auftakt ist das schon ganz gut gelungen; mehr als einen Piloten hat Nitro erstmal aber leider nicht im Angebot. Beim Sender versichert man jedoch, bereits weitere „Abenteuer“ entwickeln zu wollen, in denen sich Lukas ausprobieren kann.

Beide Dokus eint die Tatsache, dass sie – anders als sonst oft üblich – nicht am Reißbrett entstanden und exakt durchgeplant sind, sondern eher experimentellen Charakter haben. Und zwar den Anspruch, zu unterhalten, aber mit durchaus ernstem Hintergrund. Schablitziki sagt: „Wir suchen verstärkt nach Themen, an die wir glauben, und überlegen im laufenden Prozess, wie sie sich weiterentwickeln lassen. Das ist ein spannender Lernprozess für uns.“

Erst während des laufenden Drehs für „FC Arbeitslos“ hat sich beispielsweise herauskristallisiert, welchen Protagonisten sich die Doku intensiver nähern würde; und für das Hochseeabenteuer hat Lukas die Bedingung gestellt, bloß nicht zuviel vorzubereiten – um seinen Mitfischern und der Situation möglichst offen begegnen zu können. Nach den ersten Previews und Ergebnissen zu urteilen, könnte diese  Herangehensweise für Nitro ein guter Fang sein.