Zu Wochenbeginn hat der Springer-Verlag sein umfangreiches Spar- und Investitionsprogramm vorgestellt, das unter anderem die Zusammenführung der Redaktionen von "Bild" und "Bild am Sonntag" umfasst. Die Kostenbasis soll um 50 Millionen Euro pro Jahr gesenkt werden, teilte Springer mit, erklärte gleichzeitig jedoch, dass man über 100 Millionen Euro investieren möchte (DWDL.de berichtete). Besonders spannend ist der geplante Ausbau der Videoaktivitäten von "Bild", zu dem sich Springer bislang jedoch noch nicht im Detail äußerte.

"Bild" soll "zur attraktivsten Live-Plattform für News, Entertainment und Sport werden", hieß es am Montag aus Hamburg. Dass man es ernst meint, machte "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt jetzt im Gespräch mit dem "Spiegel" deutlich. "Fernsehen ist ein Verdrängungsmarkt, aber mit 4,5 Milliarden Euro ein extrem großer. Wir sind selbstbewusst genug zu glauben, dass es genug Menschen gibt, die lieber das schauen, was 'Bild' zeigt, als etwas anderes." Reichelts Botschaft: "Die Marke 'Bild' denkt nicht klein."

"Wenn nötig, schicken wir zehn Leute los, die innerhalb von 24 Stunden vor Ort und sendefähig sind. Die brauchen nicht erst Satellitenschüsseln, Übertragungswagen, Maske und ewige Planungskonferenzen", so Reichelt, der mit einer Emotionalisierung der Themen punkten und dem Publikum auf diese Weise eine Art Gegenentwurf zu ARD und ZDF bieten möchte. "Wir wollen das Land, die Welt, die Politik und den Alltag der Menschen so zeigen, wie es die Leute erleben, und nicht so steril und weichgespült wie teilweise bei den Öffentlich-Rechtlichen", sagte er.

"Ich glaube, dass es den Leuten massiv auf die Nerven geht, wenn sie dauernd erfahren, warum über manche Dinge nicht berichtet wird, statt zu sehen, was eigentlich passiert ist." Als Beispiel nannte Reichelt die Schwetrattacke von Stuttgart, bei der ein Migrant seinen Mitbewohner auf der Straße erstochen hatte. "Die Leute haben das Gefühl, sie werden nicht gehört. Da sehe ich großes Potenzial", so Reichelt.

Wie genau das Programm verbreitet werden soll, ließ er zunächst jedoch offen. "Das Minimalszenario heißt Internetfernsehen. Oder die große Version, also Kabel und Satellit mit einer technischen Abdeckung von 90 Prozent der Haushalte. Wir wollen aber, egal wo, kein klassisches lineares TV machen, sondern eines mit der Optik und Anmutung des YouTube-Zeitalters und den technologischen Mitteln von 5G." Aktuell befasse man sich mit den technischen und rechtlichen Fragen. 

Angesprochen auf die geplante Zusammenlegung der Redaktionen von "Bild" und "BamS", erklärte der "Bild"-Chefredakteur, dass es unnötig sei, sich in Zeiten sinkender Auflagen zu kannibalisieren. "Digital sind 'Bild' und 'Bild am Sonntag' längst vereint, das vollziehen wir nun auch in der Redaktion, so wie es übrigens schon vor Jahren beschlossen wurde und bei 'Welt' und 'Welt am Sonntag' Alltag ist." Ob es dafür die bisherige "BamS"-Chefredakteurin Marion Horn braucht? Reichelt: "Das werden wir in den nächsten Wochen gemeinsam entscheiden."

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