Auch wenn die Parlamentswahlen in Großbritannien vom Brexit überschattet sind: Am Donnerstag sollte es bei einer TV-Debatte bei Channel 4 nicht darum gehen, sondern um die Pläne der Parteien zum Thema Umwelt- und Klimaschutz. Der Sender hatte dazu die Parteivorsitzenden aller Parteien eingeladen - doch sowohl der amtierende Premierminister und Spitzenkandidat der Tories Boris Johnson, als auch Nigel Farage als Chef der Brexit-Partei wollten sich darauf offensichtlich lieber nicht einlassen und sagten ihre Teilnahme ab.

Die Konservativen boten stattdessen an, Umweltminister Michel Gove zur Debatte zu schicken - was man sich allerdings wiederum bei Channel 4 nicht bieten lassen wollte - auch mit Verweis auf die Vorsitzenden der anderen Parteien, die mit einem solchen Wechsel nicht einverstanden seien. Statt die Plätze einfach leer zu lassen, entschied man sich bei Channel 4 aber zu einem symbolträchtigen Ersatz: Auf den Plätzen von Johnson und Farage standen Eisskulpturen der Weltkugel, die im Lauf der Sendung langsam vor sich hinschmolzen - was wohl die Dringlichkeit der Maßnahmen gegen den Klimawandel unterstreichen sollte.

Damit hat sich Channel 4 nun aber wenig überraschend scharfe Kritik der konservativen Partei eingehandelt. Die schaltete nun erstmal die britische Medien-Aufsichtsbehörde Ofcom ein und beklagte sich, dass Channel 4 der Partei einen Vertreter in der Debatte verweigert habe. Damit habe der Sender gegen die Verpflichtung der Neutralität und Ausgewogenheit, die in Zeiten vor Wahlen noch mit besonders strengen Auflagen verknüpft ist, verstoßen. Die Ofcom kann bei Verstößten Geldstrafen bis im Extremfall hin zum Lizenzentzug verhängen. Die Tories sehen sich generell ungerecht behandelt und werfen Channel 4 eine schon seit Monaten unausgewogene Berichterstattung vor.

In diesem Zusammenhang raunt man auch schonmal, dass man nach einem - nach letzten Umfragen durchaus sehr wahrscheinlichen - Wahlsieg die Lizenz von Channel 4, die 2024 ausläuft, einer Überprüfung unterziehen werde. Die Absage Johnsons begründet man damit, dass es sich um eine Parlamentswahl handle, nicht um die direkte Wahl des Premier-Ministers. Ben de Pear von Channel 4 hielt dagegen: "Setzt euren Parteichef Boris Johnson neben die anderen und hört mit den Spielchen auf. Weigert euch nicht erst und droht uns dann mit Lizenzentzug - das ist ein gefährlicher Weg."

Dass sich Parteivorsitzende im Vorfeld einer Wahl unliebsamen TV-Debatten nach Gutdünken verweigern, kennt man unterdessen auch aus Deutschland. Die "Runde der Spitzenkandidaten" im Vorfeld der Bundestagswahl boykottiert Angela Merkel regelmäßig, auch SPD-Mann Martin Schulz sagte vor der letzten Wahl ab. ARD und ZDF zeigten sich allerdings nicht so standhaft wie nun etwa Channel 4 und ließen stattdessen Ursula von der Leyen und Manuela Schwesig - die kurioserweise noch nicht mal zur Bundestagswahl antrat - als Ersatz zu.