Wenn Martin Moszkowicz am Donnerstag den Deutschen Produzententag besucht, der traditionell am Eröffnungstag der Berlinale stattfindet, wird er ein gewisses Bauchgrimmen nicht verbergen können. Sowohl mit seinem Verband, der ausrichtenden Produzentenallianz, als auch mit der dort auftretenden Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat der Vorstandsvorsitzende der Constantin Film momentan einen heftigen Dissens.

Es geht um die anstehende Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG) ab 2022, genauer gesagt um ein vorige Woche veröffentlichtes Eckpunktepapier der Regierungskoalition und um einen offenen Brief mit Forderungen der Produzentenverbände. "In der Diskussion läuft aus unserer Sicht einiges schief, was wir so nicht mittragen können", sagt Moszkowicz dem Medienmagazin DWDL.de. Konkret droht er sogar mit juristischer Gegenwehr, falls es zu Eingriffen in die Vertragsfreiheit zwischen Produzenten und Filmverleihern kommen sollte.

Die Materie ist komplex, weil die Filmförderungsanstalt (FFA) des Bundes einerseits unter finanziellem Druck steht, andererseits mit höchst verschiedenen Forderungen der Marktpartner konfrontiert ist. Die Arbeitsgruppen Kultur und Medien der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich in ihren Eckpunkten dazu bekannt, das Abgabeaufkommen der FFA bei mindestens 50 Millionen Euro jährlich zu stabilisieren. Alle Unternehmen, die Kinofilme verwerten, müssen eine Filmabgabe an die FFA entrichten. Die ausgeschütteten Fördergelder stammen also aus der Branche, nicht aus staatlicher Subvention.

Der wohl größte Streit auf dem seit Jahren schwächelnden deutschen Kinomarkt tobt um die künftige Aufteilung der Erlöse zwischen Produzenten und Verleihern. In ihrem gemeinsamen offenen Brief an Grütters hatten die Produzentenallianz, der Verband Deutscher Filmproduzenten und der Film- und Medienverband NRW Ende Januar eine Neuregelung der Erlösverteilung gefordert. Das derzeitige Modell, das die Erlöse an der Kinokasse im Erfolgsfall im Verhältnis 65 zu 35 zugunsten der Filmhersteller verteile, lasse den Produzenten zu wenig Spielraum, um ihr finanzielles Risiko zu kompensieren. Die Koalitionsfraktion erwägt nun ihren Eckpunkten zufolge eine "gerechte Beteiligung des Herstellers und anderer an den Verwertungserlösen des Verleih- und/oder Vertriebsunternehmens" oder die "Festlegung eines verbindlichen Korridors (in Höhe von fünf Prozent) an allen Verwertungserlösen des Verleihs und/oder Vertriebs zugunsten des Herstellers".

Moszkowicz, dessen Constantin Film unter einem Dach produziert und verleiht, hält das für fatal. Innerhalb der Produzentenallianz, wo er im Vorstand sitzt, hatte er sich vehement gegen die entsprechende Forderung ausgesprochen, wurde am Ende aber von der Mehrheit überstimmt. "Es ist der völlig falsche Ansatz und hilft auf Dauer keinem im Markt, wenn wir über Umverteilungen zwischen Produzenten und Verleihern diskutieren", so Moszkowicz. "Das würde weder die wirtschaftliche Situation der Produzenten noch die des deutschen Kinos verbessern. Vielmehr wäre es im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten, wenn wir zu einer Neuregelung kämen, die endlich den künstlerischen und kommerziellen Erfolg von Filmen nachhaltig incentiviert." Das Grundproblem sei gegenwärtig, dass zu viele Filme ins Kino kämen, die "schlicht irrelevant" seien, also weder viele Besucher und entsprechend höhe Erlöse erzielten noch bei Festivals und Preisverleihungen von sich reden machten. 

Moszkowicz kündigt gegenüber DWDL.de an, der Kulturstaatsministerin in Kürze ein eigenes Positionspapier der Constantin Film zu übergeben. Darin will er vor allem für eine Stärkung der sogenannten Referenzförderung der FFA eintreten. Während die Projektförderung dazu da ist, die geplante Herstellung eines Films zu unterstützen, nachdem der Produzent die FFA-Kommission von seinem Vorhaben überzeugen konnte, wird die Referenzförderung automatisch und erfolgsabhängig im Nachhinein ausgeschüttet. Maßgeblich ist dafür ein Punktesystem, das einerseits die Besucherzahlen im Kino, andererseits Auszeichnungen und Festivalerfolge belohnt. Produzenten müssen die Referenzmittel für neue Filmprojekte verwenden. 

"Wer Referenzförderung erhält, hat seinen Beitrag zu künstlerischer oder kommerzieller Relevanz im Kino bereits geleistet oder im Idealfall beides auf einmal geschafft", so Moszkowicz. "Und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das auch beim nächsten Mal klappt." Der Constantin-Boss plädiert für eine Neugewichtung innerhalb der Produktionsförderung: 70 Prozent der Mittel sollte die FFA für Referenzförderung ausschütten, 30 Prozent für Projektförderung. Zuletzt, im Förderjahr 2018, hatten die Referenzmittel lediglich 11,9 Millionen Euro betragen und damit 45 Prozent der gesamten Produktionsförderung.

Sollte es zu einer gesetzlichen Neuregelung kommen, die eher den gegenwärtigen Eckpunkten und den Forderungen der Produzentenallianz folgt, wären die Konsequenzen aus Moszkowicz' Sicht unvermeidlich: "Für deutsche Filme würde es schwerer, einen Verleih zu finden, und etliche Produzenten würden ihre Projekte direkt an Streaming-Plattformen verkaufen, statt sie auf die Leinwand zu bringen. Ein Unternehmen wie die Constantin wäre wirtschaftlich gezwungen, sich auf den Verleih eigener Produktionen zu konzentrieren." Sollte es gar zur Verordnung eines "Zwangskorridors" kommen, würde Moszkowicz dies als "massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit" werten und "mit entsprechend massiven juristischen Maßnahmen" dagegen vorgehen. Leidenschaftlicher Gesprächsstoff für die unzähligen Berlinale-Empfänge der nächsten Tage dürfte der Branche also nicht ausgehen.