Dass es durch das Coronavirus in den vergangenen Wochen auch zu Werbe-Stornierungen im TV gekommen ist, war längst bekannt. Die Frage war nur, wie hart es die Sender treffen würde. Die zuletzt veröffentlichten Nielsen Brutto-Werbezahlen aus dem März machten fürs Fernsehen noch ein wenig Hoffnung, nun hat ProSiebenSat.1 allerdings seine Jahresprognose gestrichen, seinen Dividendenvorschlag zurückgenommen und massive Einsparungen angekündigt. 

Eigentlich wollte der Konzern erst in zwei Wochen seine Zahlen für das erste Quartal vorlegen, wegen der aktuellen Situation hat man aber bereits am heutigen Mittwochabend vorläufige Ergebnisse veröffentlicht. ProSiebenSat.1 betont, dass es bis Mitte März noch recht gut gelaufen sei, danach seien aber erste Auswirkungen der Coronakrise spürbar gewesen. Der Gruppen-Umsatz stieg in den ersten drei Monaten des Jahres leicht (+1 Prozent) auf 926 Millionen Euro. 

Dabei ging der Umsatz der SevenOne Entertainment Group, hier ist auch das klassische TV-Geschäft eingegliedert, um drei Prozent zurück. Der Umsatz der Red Arrow Studios blieben nahezu stabil, dieser Bereich des Konzerns ist aber ebenfalls stark von der Pandemie betroffen, weil viele Produktionen zum Erliegen gekommen sind. Der Umsatz der NuCom Group stieg trotz Corona um 15 Prozent. Die Krise machte sich also beim Umsatz noch nicht direkt bemerkbar, dafür aber beim adjusted EBITDA, das um 17 Prozent auf 157 Millionen Euro zurückging. 


Für das zweite Quartal geht ProSiebenSat.1 von starken Beeinträchtigungen in allen Segmenten aus. So erwartet man unter anderem einen Einbruch der TV-Werbeeinnahmen im April in Höhe von 40 Prozent gegenüber dem April 2019. Das wird sich dann auch deutlich in den Jahreszahlen niederschlagen. Wegen des derzeitigen Stillstands der Wirtschaft und der daraus resultierenden Unsicherheit sei es daher nicht möglich, einen Ausblick auf die Finanzzahlen im zweiten Quartal zu geben. Auch die Jahresprognose hat ProSiebenSat.1 zurückgezogen. 

"Wir konzentrieren uns jetzt voll auf Kosten-, Liquiditäts- und Cashflow-Management, um unser Geschäft zu schützen und eine Grundlage für unsere Zukunft zu schaffen."
P7S1-Vorstandssprecher Rainer Beaujean

Um durch die Krise zu kommen, hat der Medienkonzern nun außerdem einige Maßnahmen angekündigt. In Teilen der NuCom Group war bereits Kurzarbeit angesagt - genau das wird nun auch für das Entertainment-Geschäft geprüft. Außerdem will man Investitionen ins Programm streichen - 50 Millionen Euro sollen so in diesem Jahr eingespart werden. Welche konkreten Auswirkungen das auf das Programm der TV-Sender haben wird, ist derzeit noch unklar. Der Konzern betont, dass man die eingeschlagene Strategie, den Fokus des operativen Geschäfts auf den Entertainment-Bereich zu legen, weiter umsetzen werde. Ein Teil dieser 50 Millionen ist sicherlich auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass das Geld derzeit überhaupt nicht ausgegeben werden kann, weil Produktionen eben nicht durchgeführt werden können. Trotzdem ist das natürlich erst einmal ein Rückschlag für viele deutschen Produzenten. Am heutigen Mittwoch, den 22. April, veranstaltete ProSiebenSat.1 noch einen Pitch Day per Videocall, durch den man eigentlich ein positives Zeichen in den Markt senden wollte (DWDL.de berichtete). Weitere Einzelheiten zu den verschiedenen Sparmaßnahmen will ProSiebenSat.1 am 7. Mai bekanntgeben. 

Die derzeitige Liquiditätslage bezeichnet der Konzern als "gut". So verfüge man über einen Barmittelbestand in Höhe von fast 900 Millionen Euro. Außerdem hat ProSiebenSat.1 Anfang April 350 Millionen Euro Kreditfazilität in Anspruch genommen, auf diesem Weg sind zudem weitere 400 Millionen Euro jederzeit verfügbar. ProSiebenSat.1 besitzt in der Krise also über ausreichend Liquidität. Um das sicherzustellen, wird der Vorstand den Aktionären auf der Hauptversammlung im Juni zudem vorschlagen, keine Dividende auszuschütten. Zuvor waren 0,85 Euro je Aktie angepeilt worden. "Die Gruppe ergreift diese einmalige Maßnahme, um eine zusätzliche Liquidität in Höhe von 192 Mio Euro zu sichern", heißt es in einer Stellungnahme von ProSiebenSat.1. 

Keine Dividende, Hauptversammlung online

Die für den 10. Juni angekündigte Hauptversammlung soll auch tatsächlich an diesem Tag stattfinden, allerdings wird das keine Veranstaltung mit Vor-Ort-Präsenz. Ähnlich wie andere Unternehmen wird ProSiebenSat.1 die Hauptversammlung also digital abhalten. Wie genau das abläuft, wird man am 28. April bekanntgeben.

Rainer Beaujean© ProSiebenSat.1
Rainer Beaujean, erst seit wenigen Wochen Vorstandssprecher und Finanzvorstand in einer Person, sagt: "Die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter haben für ProSiebenSat.1 oberste Priorität. Wir tun alles, um sie zu schützen. Dabei richten wir uns selbstverständlich nach allen staatlichen Vorschriften und Empfehlungen. Wir beobachten die Entwicklung von Covid-19 und die Auswirkungen auf ProSiebenSat.1 genau. Bis Mitte März waren wir gut auf Kurs, bis die ersten Covid-19-Effekte begonnen haben, unser Geschäft in allen Segmenten zu beeinträchtigen. Da die Dauer und volle Tragweite der Pandemie weiterhin ungewiss bleiben, ist es derzeit nicht möglich, einen Ausblick auf unsere Gesamtjahresergebnisse abzugeben. Daher haben wir entschieden, unsere Finanzprognose für 2020 sowie den Dividendenvorschlag für 2019 zurückzunehmen. Wir konzentrieren uns jetzt voll auf Kosten-, Liquiditäts- und Cashflow-Management, um unser Geschäft zu schützen und eine Grundlage für unsere Zukunft zu schaffen, so dass wir unsere Strategie mit Priorität auf unser Entertainment-Geschäft mit voller Geschwindigkeit umsetzen können, sobald sich die Situation normalisiert hat."