Schon seit 2007 ist Alexander Wrabetz Generaldirektor des ORF. Niemand anders war zuvor so lang am Stück ORF-Chef. Und geht es nach Wrabetz, hängt er noch ein paar Jahre dran. Wie er jetzt nämlich angekündigt hat, wird er sich im August zur Wiederwahl stellen. Das erklärte er am Donnerstag vor Journalisten, zuvor hatte er seine Absichten auch dem ORF-Stiftungsrat mitgeteilt. Das ist das Gremium, das im August über den oder die neue ORF-ChefIn entscheidet. 

"Ich habe gezeigt, dass ich das Unternehmen in schwierigen Zeiten führen kann", erklärte Wrabetz am Donnerstag. Zudem habe er wichtige Zukunftsprojekte begonnen, die er nun nicht kurz vor dem Ende liegen lassen wolle. Er verspüre "Lust und Freude", diese Projekte zu beenden. In vollem Gange ist derzeit noch ein großes Neubauprojekt, das in den kommenden Jahren fertiggestellt wird. Hier liegt man mit den Kosten im Plan, betont Wrabetz, der auch damit wirbt, für eine "ruhige Hand" bekannt zu sein. 

Tatsächlich hat Wrabetz den ORF gut durch die Corona-Zeit navigiert. Vor allem ORF 2 war im Fernsehen ein wichtiger Anlaufpunkt für viele Menschen, wenn es um Informationen ging. Darüber hinaus schaffte er es, den Konzern 2020 in den schwarzen Zahlen zu halten. Offiziell beworben hat sich Wrabetz noch nicht, das wird erst ab dem 1. Juli möglich sein. Dennoch, so Wrabetz, "ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu sagen: Ja, ich will". 

Wie die Chancen von Wrabetz für eine Wiederwahl stehen, ist schwer einzuschätzen, weil die Wahl eines ORF-Chefs auch immer ein Politikum ist. Der Stiftungsrat wird zu einem großen Teil von der Politik besetzt und allein die regierende ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz kommt hier auf eine komfortable Mehrheit, die man mit dem Koalitionspartner, den Grünen, sogar noch ausbauen kann. Wrabetz wurde einst aber von einer breiten Koalition im Stiftungsrat gewählt, dem nicht die ÖVP angehörte. 2016 unterstützte die Partei den damaligen ORF-Finanzchef Richard Grasl im Rennen gegen Wrabetz - und verlor. Jetzt könnte man einen eigenen Kandidaten wohl recht einfach durchbringen. Die "Tiroler Tageszeitung" berichtete zuletzt, dass die ÖVP Vize-Finanzdirektor Roland Weißmann unterstützen könnte. Noch hat aber niemand anders seinen Hut in den Ring geworfen.

Der Ausgang der Wahl ist dennoch ungewiss. Einerseits gilt Wrabetz als hervorragender Taktierer, der immer wieder auch aus scheinbar aussichtslosen Situationen als Sieger hervorgeht. Andererseits gibt es in Österreich derzeit viele Schlagzeilen um den Chef einer großen Staatsholding, der zum Umfeld der ÖVP und Kanzler Kurz zählt. Zuletzt wurden Chats öffentlich, die nahelegen, dass der Posten in der Staatsholding extra auf den jetzigen Chef zugeschnitten worden war - und er selbst sowie die ÖVP aktiv daran mitwirkten. Einen neuen Verdacht des Postenschachers dürfte die Politik im Fall des ORF vermeiden wollen.