Im vergangenen Jahr wirkte es zeitweise so als würde Oliver Pocher im Alleingang das RTL-Programm bestreiten, jetzt ist eines der spontan entstandenen Projekte Geschichte: RTL beendet die LateNight "Pocher - gefährlich ehrlich", die Oliver und Amira Pocher als Duo präsentierten. Die von Pool of Brainz, einem bei i&u TV angedockten Joint Venture von Oliver Pocher und Leonine, produzierte Sendung feierte im Mai 2020 Premiere und bekam insgesamt 36 Ausgaben, zuletzt einen Jahresrückblick am 17. Dezember. Der holte sogar gute Quoten, die dem Format auf wechselnden Sendeplätzen mit teils schwierigem Vorprogramm nicht gelangen.

Oliver Pocher kündigte im Dezember 2020 zwar eine Fortsetzung 2021 an, doch dazu wird nicht mehr kommen: Der Führungswechsel bei RTL und die inhaltliche Neuaufstellung haben in den vergangenen Wochen bereits mehrfach Schlagzeilen gemacht. Der direkte und mitunter derbe Humor der Personality-Show passt nach DWDL.de-Informationen nicht mehr zu dem, was sich der neue RTL-Chef Henning Tewes unter Familienunterhaltung vorstellt. LateNight, auch in Form von "Täglich frisch geröstet", hat in der Gestaltung des Programms für die kommende Saison keine Priorität.

Dass "Pocher - gefährlich ehrlich" allerdings mehr war als nur Personality, merkte Andreas Zaik, Co-Geschäftsführer i&u TV, Ende April im DWDL.de-Interview an. Die Kölner Produktionsfirma realisierte de facto die Show. "Nach dem Tod von George Floyd haben Amira und er ein Zeichen gesetzt mit dem vermutlich längsten Schweigen im deutschen Fernsehen. Er hat sich mit Attila Hildmann auseinandergesetzt und zwar mit persönlichem Einsatz. Beim Tönnies-Skandal war er auch dran und hat es in eine der Wohnungen der Billiglöhner dort geschafft."

Als denkwürdig wird die Sendung vom 8. Oktober 2020 in Erinnerung bleiben: An jenem Abend hatte sich Michael Wendler mit Verschwörungstheorien als Corona-Leugner geoutet und den Jury-Job bei der Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" hingeschmissen. Während dies von manchen zunächst für einen Prank von "Pocher - gefährlich ehrlich" gehalten wurde, war Wendlers langjähriger Manager später zu Gast in einer bemerkenswerten Live-Sendung, das Geschwurbel von Wendler aufzuarbeiten versuchte.

Andreas Zaik: "Natürlich hat Oliver auch eine andere Seite, die dann vielleicht dazu verleitet diese starken Momente zu vergessen. Aber es wäre schade, wenn untergeht, dass Oliver Pocher mit Haltung und klarer Kante arbeitet und es wie kaum ein anderer schafft, Öffentlichkeit herzustellen und zwischen den verschiedenen Medien zu transportieren." Co-Geschäftsführerin Nina Etspüler will weiter mit Pocher Format entwickeln: "Er gibt einem Sender wie RTL hier und da ein paar Spitzen, die ein so großer Sender auch weiterhin braucht."

Und Oliver Pocher soll dem RTL-Programm auch erhalten bleiben. Das von ihm moderierte "5 gegen Jauch" holte am Samstagabend erst wieder den Primetime-Sieg in der jungen Zielgruppe. Offiziell erkärt der Sender: "Wir hatten mit der Sendung viel Spaß und Freude, werden jedoch mit dem Format 'Pocher – gefährlich ehrlich' nicht weitermachen und befinden uns derzeit mit Oliver Pocher im weiteren kreativen Austausch über andere gemeinsame Projekte."