Lisa Totzauer will ORF-Generaldirektorin werden, das hat die 50-Jährige am Dienstag öffentlich gemacht. Damit wird das Rennen um den wichtigsten Medienjob in Österreich einen Monat vor der Wahl spannend. Am 10. August wählt der ORF-Stiftungsrat einen neuen Chef bzw. eine Chefin. Bislang hatte nur der bisherige Chef Alexander Wrabetz seine Kandidatur angekündigt, mit Totzauer folgt nun eine weitere Bewerberin. 

Totzauer kennt den ORF sehr gut, arbeitet sie doch schon seit fast 25 Jahren im Unternehmen. Seit etwas mehr als drei Jahren ist die Channel Managerin von ORF 1 und damit für den Sender zuständig, der innerhalb der Sendergruppe ein junges Publikum ansprechen soll. ORF 1 ist allerdings auch schon seit Jahren das Sorgenkind des ORF, die Quoten sind in den vergangenen Jahren rapide gesunken. Die Fußball-EM brachte jüngst etwas Linderung, grundsätzlich aber konnte auch Totzauer den Quotenverfall nicht stoppen. 

In einem am Dienstag veröffentlichten Video machte Totzauer ihre Pläne öffentlich. "Ich will das größte und wichtigste Medienunternehmen in unserem Land leiten und in den kommenden Jahren in eine sichere Zukunft führen", erklärte sie und betonte mehrfach, wie wichtig die Unabhängigkeit der Journalisten sei. Ihre Vorstellungen zur Zukunft des Unternehmens wolle sie transparent machen, so Totzauer. Eine schriftliche Bewerbung wird wohl in den kommenden Tagen folgen. Am Tag vor der Wahl sollen alle Kandidatinnen und Kandidaten auf ORF III noch einmal die Möglichkeit haben, ihre Vorschläge öffentlich vorzustellen. 

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"Der ORF muss in den kommenden Jahren sehr viel bei sich verändern. Programme müssen der modernen Mediennutzung angepasst werden, der digitale Wandel macht vor uns nicht Halt", so Totzauer in ihrem Video, in dem sie auch betonte, dass große Chancen vor dem ORF liegen würden. "Wir brauchen viel Mut und Innovationskraft, um die starke Marke ORF auf den verschiedenen Plattformen ganz vorne in der Auslage zu platzieren."

Totzauers Chancen, die nächste ORF-Chefin zu werden, stehen nicht schlecht. Die Journalistin wird dem bürgerlichen Lager zugerechnet und das stellt derzeit die absolute Mehrheit im Stiftungsrat. Versammeln sich also alle Stiftungsräte hinter ihr, dürfte es ein Durchmarsch für sie werden. Allerdings ist es Alexander Wrabetz in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, kaum für möglich gehaltene Allianzen innerhalb des Stiftungsrates zu schmieden. Die Frage lautet: Gelingt ihm das auch dieses Mal? Er führt das Unternehmen nun schon seit 2007. Und nach allem was man hört, ist man im bürgerlichen Freundeskreis des Stiftungsrates nicht sehr erpicht darauf, diese Zeit noch länger werden zu lassen. 

Vor zwei Jahren von DWDL.de auf die Tatsache angesprochen, dass sie dem Lager der ÖVP zugerechnet wird, sprach Totzauer von einer "österreichischen Eigenheit". "Hierzulande muss jeder in eine Schublade gesteckt werden. Wenn jemand in keiner ist, bockt das eingelernte Koordinatensystem und dann bekommt die Person erst einmal einen Stempel aufgedrückt." Das sei bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei öffentlichen Institutionen so. "Für mich ist das nicht ausschlaggebend. Es hat uns egal zu sein, wo die Menschen bei den Wahlen ihre Kreuze machen. Es kommt darauf an, welche Geschichten wir machen. Und bei Führungskräften: welche Leute wir in den Sender holen. Am Tun zeigt sich, ob eine Zurechnung zu Recht besteht oder nur ‘fake folklore’ ist." Damals erklärte sie auch, dass es durchaus Voraussetzungen gebe, unter denen sie sich vorstellen könne, den ORF zu führen. Nun versucht Totzauer es also tatsächlich.