Fast sechs Jahre ist es nun schon her, dass Jan Böhmermann mit seinem "Schmähgedicht" über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan für einen diplomatischen Eklat sorgte. Es schloss sich eine langwierige juristische Auseinandersetzung an, in der sich Kunstfreiheit auf der einen und Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite gegenüber standen. In mehreren Urteilen wurde entscheiden, dass einige Passagen aus dem Text rechtswidrig seien und nicht wiederholt werden dürfen.

Beide Parteien gingen gegen die Urteile vor - Böhmermann wollte unter Verweis auf die Kunst- und Meinungsfreiheit die Urteile aufheben, Erdoğan das Gedicht komplett verbieten lassen. Beide scheiterten damit 2018 vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, das am Status Quo nichts änderte und auch keine Revision zuließ. Trotzdem war der Rechtsstreit zu diesem Zeitpunkt nicht beendet.

Böhmermann legte gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde vor dem BGH ein, das diese zurückwies. Daraufhin legte er eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein - war aber auch damit nicht erfolgreich. In einem nun veröffentlichten Beschluss heißt es kurz und knapp: "Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat", eine weitere Begründung gibt es nicht, die Entscheidung ist auch nicht anfechtbar. Damit ist der juristische Streit nun letztinstanzlich entschieden.

Böhmermanns Anwalt Christian Schertz hatte sich im DWDL-Interview kürzlich noch optimistisch gezeigt. Er sagte: "Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das Oberlandesgericht Hamburg die Sache falsch bewertet hat. Der eine eklatante Fehler war zu sagen, dass die gesamte Performance von Jan Böhmermann nicht der Kunstfreiheit unterliegen würde. Es war ja nicht nur das Gedicht, alles war eingebunden in eine satirisch überhöhte Rechtsvorlesung. Das Gericht hat einzelne Sätze für rechtswidrig erklärt. Hätten Sie es als Kunst deklariert, hätte die Kunstfreiheit das nicht erlaubt. Und dann haben die Richter schlicht nicht verstanden, dass es in den Aussagen von Böhmermann überhaupt nicht darum ging, Erdogan zu diffamieren. Es ging darum aufzuzeigen, was Schmähkritik wäre. Die Aussagen waren nicht ernst gemeint, sondern bewusst überzeichnet. Jan Böhmermann wollte überzeichnet formulieren, was eine Schmähung wäre. Das ist übrigens nicht anderes, als wenn ich an einer Universität eine Vorlesung halte und meinen Studenten die spektakulärsten Fälle der deutschen Rechtssprechung in Sachen Schmähungen erzähle. Ich doziere Schmähungen. Nichts anderes hat Böhmermann in satirischer Form gemacht. Deshalb bin ich guter Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht die Sache anders beurteilt, weil gerade dieses Gericht die Abwägung zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht vornehmen muss."