Für Doppel-Senderchef Daniel Rosemann sind es die zweiten Screenforce Days an der Senderspitze von Sat.1. Beim letzten Mal war er allerdings erst wenige Wochen im Amt und musste naturgemäß mehr eigene Visionen als konkrete Pläne verkaufen. Ein Jahr, viele Flops, gesunkene Quoten und überholt von Vox gibt es nun allerdings keine Ausreden mehr: Auch wenn man sich mehrere Jahre für die Restaurierung von Sat.1 Zeit gegeben hat, müssen nun erste Erfolge zeigen, dass der neue Weg wirklich der ist, der zu alter Stärke zurückführen kann.

Schon im DWDL-Interview im Mai hatte Rosemann angekündigt, dass in Sat.1 "bald spürbar mehr los sein" werde. Und das verspricht der Sender künftig auch direkt mit seinem neuen Claim, der fast schon ein wenig flehentlich ans zuletzt verloren gegangene ehemalige Stammpublikum gerichtet scheint: "Es gibt noch viel zu sehen.", verspricht der Sender nun jedenfalls. Für die Senderverantwortlichen gibt's aber vor allem erstmal noch viel zu tun, weil es an allzu vielen Stellen im Programm kriselt. Insofern ist es vielleicht nicht die schlechteste Idee, auch am Fundament mit der Renovierung zu beginnen.

Neue Drei-Stunden-Show am Spätnachmittag

Zwar laufen die "Auf Streife"-Formate nachmittags noch gut - doch am späteren Nachmittag und Vorabend ist mit dieser Programmfarbe kein weiteres Publikum zu gewinnen, die Marktanteile bröckeln und sind kurz vor der Primetime miserabel. Neue Vorabendformate hat Sat.1 in den letzen Jahren schon etliche ausprobiert, ob Serien, Gameshows oder Magazine. Nun versucht man es mit einem Rezept, das man sonst eher aus den Dritten kennt: Eine mehrstündige Nachmittagsshow, die das Publikum künftig zwischen 16 und 19 Uhr unterhalten soll - ein Format, das potentiell geeignet ist, um jederzeit reinzuschalten, als Nebenbei-Unterhaltung zu dienen und Publikum einzusammeln. Rosemann spricht von nicht weniger als einer "Programm-Revolution".

"Volles Haus. Sat.1 Live" heißt das Format, das im Winter kommen soll. Und der Titel gibt nicht nur der Hoffnung auf hohe Quoten Ausdruck, sondern spielt auch darauf an, dass die Show tatsächlich ein solches komplett bespielen wird. "Für die Sat.1-Nachmittagsshow wird quasi ein ganzes Haus gebaut: Ob Keller, Garage, Küche oder Wohnzimmer – jeder Raum steht für eigene Inhalte", so Rosemann, der mit der großflächigen Show am späten Nachmittag wohl auch daran anknüpfen möchte, dass der Sender morgens mit dem großflächigen "Frühstücksfernsehen" seine erfolgreichste Phase hat.

Daniel Rosemann weiter: "Das ist ein Paradigmen-Wechsel im Sat.1-Programm. Mit ‚Volles Haus!‘ verabschieden wir uns ab 16:00 Uhr von Scripted-Reality-Programmen. Wir sprechen mit ‚Volles Haus!‘ unsere Zuschauer:innen direkt an. In ‚Volles Haus!‘ kann alles passieren. Drei Stunden senden wir live und greifen die Stimmung des Tages immer wieder auf – und können so auf die Erwartungen unserer Zuschauer:innen eingehen. In ‚Volles Haus!‘ wird informiert und unterhalten. Wir können über die Royal Family sprechen – und auch Tipps geben, wie man gerade am günstigsten einkauft. Aber es wird nicht nur geredet: Wir werden unseren Zuschauer:innen auch mit Beiträgen aus der ganzen Welt und selbst produzierten Doku-Soaps unterhalten und informieren. Natürlich gibt es in ‚Volles Haus!‘ auch die wichtigsten Nachrichten des Tages." Selbst ein Comeback des "90er-Talks" hat Rosemann innerhalb des Formats in Aussicht gestellt. Für 19 Uhr hat Rosemann bereits die neue Show "Doppelt kocht besser" als "Kochshow für alle, die nicht kochen können" angekündigt, die schon am 4. Juli startet.

Neue Formate für die Primetime, neuer Platz für Promi-BB

Auch in der Primetime sind es vor allem Shows, auf die Sat.1 setzt. Die jüngst schon in Aussicht gestellte neue Datingshow mit Ralf Schmitz hört auf den Titel "Rate my Date" und soll 2023 kommen, erstmal stehen noch "Paar Love" und "Halbpension mit Ralf Schmitz" an. Ebenfalls schon bekannt war die Neuauflage von "Mein Mann kann" mit Daniel Boschmann, der auch weiterhin mit Jörg Draeger neue Folgen von "Geh aufs Ganze" präsentieren wird. Mit Jörg Pilawa plant man neben "Zurück in die Schule", in der es um die Frage geht, welcher Promi den Grundschulabschluss schafft, noch einen Sat.1-Live-Jahresrückblick im Dezember. In der Vorweihnachtszeit geht's auch mit der "Comedy-Märchenstunde" weiter, einem der wenigen wirklich erfolgreichen Neustarts der letzten Saison. Und apropos Comedy: Als "parodistische Sketch-Comedy" wird für den 27. Juli "Schloss Goldbach" angekündigt. Die Beschreibung: "Stars und Sternchen wie Helene Fischer, Karl Lauterbach oder Hans Sigl finden in 'Schloss Goldbach – Promis viel zu nah' in ihre innere Mitte zurück."

Die meisten anderen bei den Screenforce Days präsentierten Formate waren in den letzten Wochen schon bekannt gegeben worden: In "Topf sucht Burdecki" sucht Evelyn Burdecki die große Liebe, Julia Leischik will in "Das Haus am Meer" anderen bei der Partnersuche helfen, Birgit Schrowange trifft in "Unser Mallorca" Promis auf der Insel, "Doc Caro" bekommt ihre eigene Reportage-Reihe. Das aus dem Bundestagswahlkampf bekannte Format "Kannste Kanzleramt", in dem sich Scholz, Baerbock und Laschet den Fragen einer Schulklasse stellen mussten, wird als "Kannste regieren?" fortgesetzt, auch diesmal sollen unter anderem Olaf Scholz und Annalena Baerbock dabei sein. Ansonsten gibt's natürlich ein Wiedersehen mit etablierten Formaten wie "The Voice", "The Taste", "Hochzeit auf den ersten Blick" oder dem "Großen Backen". Dazu kommen die Live-Übertragungen diverser Bundesliga-Spiele, die sich etwas kurios auf wenige Saison-Anfang und -Ende konzentrieren, die sich aber in dieser Saison aus Quotensicht als voller Erfolg erwiesen.

Und dann wäre da noch "Promi Big Brother": Im immer dichter gefüllten Promireality-Kalender des deutschen Fernsehens hatte sich das Format bislang immer den Spätsommer reserviert. Das wird diesmal anders sein: Nun soll die Sendung "mit einer neuen Programmierung Ende des Jahres" zu sehen sein - was das genau bedeuten wird, blieb am Dienstag noch unklar. Zuletzt hatte Sat.1 die Show immer stärker vom späten Abend in die Primetime vorgezogen - was den Quoten nicht gut tat. Man darf gespannt sein, wie man das Ende des Jahres handhaben wird, wenn die Konkurrenz größer sein dürfte als im Sommer - und, wie man die Fußball-WM, die diesmal ja erst kurz vor Weihnachten zu Ende sein wird, umgehen wird.