Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA), in der die gewählten Redaktionsvertretungen von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutscher Welle zusammenarbeiten, hat sich zu den massiven Vorwürfen beim RBB geäußert. "Die Vorgänge beim RBB machen uns sehr betroffen und auch wütend. Nur eine transparente und umfassende Aufklärung kann verlorenes Vertrauen wieder herstellen", erklärte die AGRA. "Es müssen in den Anstalten aber auch die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt werden."

Zugleich sprach sich die Arbeitsgemeinschaft dafür aus, vor allem die Mitsprache aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern. "Zudem müssen die Redaktionsvertretungen in den Anstalten gestärkt werden, und überall, wo es noch keine Redaktionsstatute gibt, müssen sie erarbeitet und in Kraft gesetzt werden", forderte die AGRA in einer Stellungnahme. "Auf diese Weise wird die innere Pressefreiheit gestärkt, und die Redakteurinnen und Redakteure können ihre Arbeit ohne unzulässigen Druck von innen und außen leisten. Außerdem wird die Transparenz in den Sendern erhöht."

“Die Kolleginnen und Kollegen der RBB-Redaktionsvertretung beweisen derzeit eindrücklich, wie notwendig starke Stimmen aus den Redaktionen sind”, sagte AGRA-Sprecher Hubert Krech. Die AGRA habe zusammen mit dem ORF und der SRG schon ein Musterstatut erarbeitet, das als Grundlage für die Gespräche mit den Intendantinnen und Intendanten dienen könne. Wer die Vorgänge beim RBB dazu benutze, die Arbeit der Kolleginnen und Kollgegen zu diskreditieren oder das ganze Rundfunksystem in Frage stellen, gefährde die Rundfunkfreiheit. "Forderungen nach einer Abschaffung oder Verkleinerung der Anstalten oder Beschneidung des Auftrags bedrohen die freie Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger", so die AGRA weiter.

"Politischer Filter" beim NDR?

In der Kritik steht nun aber auch die Berichterstattung innerhalb der ARD: Konkret wird dem NDR nach einem Bericht von "Business Insider" eine politisch motivierte Berichterstattung vorgeworfen. Im Landesfunkhaus Kiel fürchten demnach Redakteurinnen und Redakteure um die Unabhängigkeit und werfen Vorgesetzten indirekt Zensur vor. So geht aus einem internen Bericht hervor, dass sich acht Mitarbeitende mit ihren Sorgen vorsorglich an den Redaktionsausschuss gewandt hätten. "Sie berichten uns, dass sie den Eindruck hätten, es gebe einen Filter in der Redaktion. Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt", zitiert "Business Insider" aus den Unterlagen, in denen das Gremium die Gespräch mit dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammenfasst.

Konkret geht es um die Berichterstattung zum Rücktritt des schleswig-holtsteinischen Innenministers Hans-Joachim Grote im April 2020. Ein Redakteur hatte sich dem Bericht zufolge an den Redaktionsausschuss gewandt, weil seine Vorgesetzten ein Interview mit dem Politiker verhindert haben sollen. Der NDR erklärte gegenüber "Business Insider", dass sich die "pauschale Beurteilung 'Klima der Angst' aus Sicht der Verantwortlichen in Kiel nach persönlichen Gesprächen mit zahlreichen Mitarbeitenden nicht bestätigt habe. Abgeschlossen sei der Vorgang allerdings nicht. "Die Chefredaktion führt Einzelgespräche mit allen Mitarbeitenden. Auch der Redaktionsausschuss führt weitere Gespräche im Landesfunkhaus", erklärt eine Sendersprecherin.

Über weitere Fälle, die Fragen aufwerfen, berichtet nun auch der "Stern". In einem davon geht es um den Vorwurf, der NDR habe nicht über eine Alkoholfahrt mit Unfallfolgen eines früheren CDU-Parlamentariers berichtet. In den Medien des Bundeslandes war die Alkoholfahrt es engen Vertrauten von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ein großes Thema - nicht aber beim NDR. "Die Nicht-Berichterstattung über den Vorfall rund um den Abgeordneten Arp bewerten wir rückblickend als Versäumnis", räumte der NDR gegenüber dem "Stern" ein.