Zumindest bei der internen Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die redaktionelle Führung des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein konnten zwar keine Belege für einen "journalistischen Filter" oder die grundsätzliche Verletzung journalistischer Prinzipien gefunden werden - doch dass es im NDR an vielen Stellen rumort, ist offensichtlich. Auch die Untersuchung kam zu dem Urteil, dass ein gestörtes Redaktionsklima, in dem es offenbar Misstrauen, fehlende Kommunikation und Angst gibt, das eigentliche Problem sei.

NDR-Intendant Joachim Knuth will die Gesamt-Situation und das Arbeitsklima im NDR auch außerhalb des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein nun prüfen lassen - die Rede ist von einer "Klimanalyse", mit der er Stephan Reimers beauftragt. Der Theologe Reimers, der selbst schon im NDR-Rundfunkrat saß, warunter anderem Vorstandsvorsitzender der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, Präsidiumsmitglied der Welthungerhilfe und Leiter der Hamburger Diakonie. Die Arbeit im NDR soll er natürlich nicht alleine übernehmen, sondern von einem Team aus Expertinnen und Experten flankiert werden. Im Herbst sollen sie zahlreiche Gespräche mit Beschäftigten im gesamten NDR führen und diesen die Möglichkeit geben, in einem geschützten Rahmen zu benennen, wo es im NDR hakt. Im ersten Quartal 2023 soll dann ein "klares Bild von der Gesamtsituation" vorliegen, das als Startpunkt für einen Kulturwandel dienen soll.

Knuth erklärt: "Um das bestmögliche Programm zu machen, brauchen wir ein gutes Klima und eine Kultur des gegenseitigen Respekts - das haben mir die vergangenen Wochen und die Ereignisse in den Landesfunkhäusern Hamburg und Kiel mehr als deutlich gezeigt. Dort waren diese Voraussetzungen offensichtlich nicht überall gegeben. Diesem Befund wollen wir auf den Grund gehen. Wertschätzung und Vertrauen sind für mich die Grundlage für ein vernünftiges Miteinander. Es ist ein gutes Gefühl, mit Stephan Reimers eine sehr erfahrene und renommierte Persönlichkeit an der Seite zu haben, die diesen Weg mit uns geht." Und weiter: "Wir richten den Blick jetzt nach vorn. Sobald wir das ganze Bild vor uns haben, müssen wir konsequent die richtigen Lehren ziehen und kraftvoll umsetzen. Dafür stehe ich und dafür werde ich mich persönlich einsetzen." 

Stephan Reimers sagt: "Als Kind Norddeutschlands und ehemaliges Mitglied des Rundfunkrats liegt mir der NDR sehr am Herzen. Ich bin überzeugt von der Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und ein Verfechter des unabhängigen Journalismus in diesem Land. Aus diesem Grund bin ich der Bitte des NDR sehr gerne nachgekommen, meinen Teil zu einem Kulturwandel beizutragen. Das werde ich unvoreingenommen und unabhängig tun."